Seite:OAB Oberndorf 021.jpg

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wäre sogar langweilig, wenn sie nicht an vielen Punkten die herrlichsten Aussichten an die Alb und über den Schwarzwald zuließe. Überdieß verleihen die großen geschlossenen Ortschaften, mit ihren meist stattlichen Bauernhäusern, zwischen die häufig kräftige Waldbäume malerisch hineingepflanzt sind, der Gegend einen besonderen Reiz.

Noch näher dem Schwarzwald gerückt, am Saume desselben, zieht ein nicht ansprechender, waldreicher, durch Ortschaften wenig belebter Streifen Landes hin und erst, nachdem dieser überschritten, und man in den eigentlichen Schwarzwald eingetreten ist, erhält die Gegend auf einmal einen ganz anderen Charakter als die übrige Hochebene. Eine Menge vereinzelt stehender Häuser und Höfe treten hier neben einigen weitläufig angelegten größeren Orten auf und beleben die sonst etwas abgeschiedene, mit Wald begrenzte Gegend. Die meist im Schwarzwaldstil gebauten Häuser, bei denen immer wieder großwüchsige Linden, Eichen, Eschen etc. stehen, gruppiren sich öfters sehr lieblich und bieten im Kleinen recht malerische, gemüthlich ansprechende Partieen. Nebenbei findet man vielfältig die schönsten Aussichtspunkte; das Auge schweift hier nicht allein an die Alb, sondern auch auf einzelnen Punkten an die Vogesen und an die schneebedeckten Häupter der Schweizeralpen, besonders aber über den weitgedehnten Schwarzwald mit seinen imposanten, tannengrünen Bergen und in die aufs vielfältigste verzweigten Thäler, Thälchen und Schluchten, so daß man über eine großartige Reliefkarte hinwegzublicken wähnt.

Treten wir selbst in diese herrlichen Waldthäler ein, so finden wir hier einen Reichthum an Naturschönheiten, eine urkräftige Gebirgsnatur, wie wir sie in Württemberg, mit Ausnahme des Murgthals und der Gegend um Herrenalb, vergebens suchen. Gehen wir das Ehlenboger Thal hinunter: wie munter rauscht über Felsblöcke durch das wiesengrüne Thal die noch jugendliche und doch schon so thätige Kinzig, die hier manches Mühlrad in Bewegung setzt und das Holz aus den dunklen Waldungen fortschaffen hilft; an ihr, wie auf den schön gerundeten Vorhügeln, hinter denen sich gewaltig hohe, mit Tannen bewachsene und mit Felstrümmern wild überlagerte Bergwände erheben, liegen umgeben von freundlichen Gärten und grünen Matten vereinzelte stattliche Bauernhäuser, die mit ihren verschindelten Wänden und bemalten Fensterläden lieblich in das Thal hinunter schauen. Ein eigenthümlicher anmuthsvoller Hauch weht durch dieses Thal, das an der schön gelegenen Alpirsbacher Farbmühle eine Wendung (Ehlenbogen) macht, bei der plötzlich das nahe freundliche Alpirsbach mit seiner altehrwürdigen Klosterkirche und seinen alten Klostergebäuden

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 021. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_021.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)