Seite:OAB Oberndorf 174.jpg

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ehemals die Klosteranlage schützend umschlossen, ist außer dem gegen Südost stehenden inneren Thore wenig mehr vorhanden; dagegen erhielt sich die Mehrzahl der Gebäude und läßt, trotz vieler späterer Veränderungen, die erste großartige Anlage noch wohl erkennen. Wir beginnen mit der Kirche.[1] Die 1098 den 27. August Sonntags von Bischof Gebhard von Konstanz dem h. Benedikt geweihte Klosterkirche blieb im wesentlichen unversehrt, und das Fehlende läßt sich leicht ergänzen; sie ist in mächtiger Ausdehnung angelegt als dreischiffige Säulenbasilika mit Vorhalle, Querschiff, drei halbrunden Chornischen und einem Glockenthurm am Ende des nördlichen Seitenschiffes. Der Grundriß der Kirche ist sehr klar und regelmäßig. Die Haupt- (Hoch-) Schiffe bilden ein vollständiges lateinisches Kreuz, die Nebenschiffe begleiten das Mittelschiff bis an seine halbrunde Chornische (Abside) und schließen hier ebenso. Beachtenswerth sind die hier vorkommenden einfachen Zahlenverhältnisse: die ganze äußere Länge der Kirche (232′) ist gleich der doppelten äußeren Breite, nämlich der doppelten äußeren Länge des Querschiffes. Die innere Breite des Mittelschiffes (30,6′) ist noch einmal so groß als die innere der Seitenschiffe; die drei hinteren kurzen Kreuzarme sind gleich lang und die innere Länge des Querschiffes (53′) ist gleich der des Hauptarmes; die Breite des Mittelschiffes gibt je 2 Säulenabstände von Mitte zu Mitte; die Vorhalle hat die Breite der ganzen Kirche; ihre Tiefe ist etwas weniger als die Breite des Hauptschiffes (30,6′), wogegen die Tiefe der rings um den Kreuzgang gehenden Klosterräume genau die Breite des Hauptschiffes ausmacht. Die Höhenverhältnisse sind äußerst schlank: die Höhe des Hauptschiffes beträgt 67′, die der Seitenschiffe die Hälfte davon, die ganze innere Breite der Kirche aber 68′. Endlich stimmt die westliche Gesamtlänge der ganzen Klosteranlage (die Westfront der Kirche mitgerechnet) mit der äußeren größten Länge der Kirche. Trotzdem, daß die Wände jetzt ihres schimmernden Farbenschmuckes beraubt und kahl sind und die Decke der Kirche der einer Scheune gleicht, so ist doch, vermöge der Schönheit ihrer Verhältnisse, der Eindruck der Basilika ein bezwingender und erfüllt den Betretenden mit erhabener Ruhe. 1


  1. Grundriß, Ansicht, Längendurchschnitt, Einzelnheiten, Hauptportal bei Graf v. Stillfried Alterthümer und Kunstdenkmale des Hauses Hohenzollern. Heft 2. Neue Folge. Band 1. Lieferung 2. – Photographien bei Lorent Denkmale des Mittelalters in Württemberg.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_174.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)