Seite:OAB Oberndorf 175.jpg

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Die Hochschiffe zeichnen sich aus als ein großes lateinisches Kreuz, wo sie sich schneiden stehen vier hohe halbrunde Pfeilerbögen. Das Hochwerk des langen Kreuzarmes ruht auf je sieben Rundbögen und diese auf je fünf Säulen und einem Pfeiler, welcher der Vierung zunächst steht. Die Seitenwände der drei kurzen Kreuzarme sind unter sich ganz gleich gebildet: eine Arkade, ein Rundbogen und dann die volle Mauer. Der Einheit halber ward im Langschiff statt der sechsten Säule auch ein Pfeiler gesetzt. Sämtliche drei Schiffe, die eine prächtige Perspektive gewähren, fanden einst trefflichsten Abschluß in den drei halbrunden Absiden; die beiden südlicheren sind jetzt durch halbachteckige gothische Chöre ersetzt. In der mittleren Chornische, die noch bis zur Höhe von 20 Fußen die ursprüngliche halbrunde ist, befindet sich eine Art offener Krypta, es sind drei halbrunde Nischen, die mittlere davon bedeutend tiefer mit tonnengewölbtem Vorraum; zwei Stufen führen zu ihnen hinab und in ihnen stehen 3 alte Altartische. Die dritte, die nördliche Abside ist ganz verschwunden; auch die beiden hohen Rundbögen, auf denen der Thurm ruht, und an denen äußeren sich die Abside lehnte, wurden zugemauert; auf der andern Seite sind sie noch erhalten. Daß hier auch ein Thurm beabsichtigt war, ist schon der geringeren Mauerdicke wegen, nicht anzunehmen. Die Säulen des Langschiffes sind, wie alles in dieser Basilika, im großartigsten Geiste behandelt; sie haben gewaltige attische Basen von steilen Wulsten mit scharfen Eckknollen; die schönverjüngten Schäfte bestehen aus Einem Stein (Buntsandstein); die Kapitelle sind einfache Würfelknäufe von trefflichem Verhältniß und herrlicher Schattenwirkung. Je die fünfte Säule trägt einen reich mit Drachen, Masken und Ornamenten verzierten Knauf. Am Fuße der rechtsstehenden fünften Säule hocken vier grauenhafte, theilweise verstümmelte Gethiere, von denen eines Flügel zeigt; vielleicht sollen es vier Evangelistensymbole sein. Am Fuß der gegenüberstehenden Säule liegen vier Affenköpfe mit Krallen. Zwischen beiden Säulen stand einst der große, auch ganz mit urthümlichem Bildwerk umgebene Taufstein, der sich jetzt in der Kirche zu Freudenstadt befindet, aber nun wieder an seine alte Stelle zurückversetzt werden soll (s. Oberamtsbeschr. von Freudenstadt. S. 141 ff.). 1

Über den ganz ungegliederten Halbkreisbögen der Arkaden zieht sich genau in der Mitte der ganzen Höhe ein hübscher Fries hin, gebildet aus rautenförmigen, abwechselnd rothen und weißen Sandsteintafeln. Schlichte Rundbogenfenster durchbrechen in der Höhe die jetzt kahlen, weißen Wände der Neben-, Lang- und Querschiffe und geben ein sanftes Licht. In der Westwand öffnet sich über dem Friese eine

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_175.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)