Seite:OAB Oberndorf 299.jpg

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Herrschaft Schramberg gehörigen Orte, sowie die gräfliche Familie Bissingen. Dem Unternehmen gab man die Firma Armenbeschäftigungs-Anstalt. Die damals ausschließlich fabricirten Strohhüte wurden auf benachbarten Märkten abgesetzt, allein die Gesellschaft hatte bis zum Jahr 1836 nicht nur keinen Gewinn, sondern ein Deficit, weßhalb sie sich auflöste und der Graf v. Bissingen übernahm alsdann die freigewordenen Aktien und überdieß erhielt auf dessen Ansuchen das Unternehmen von Seiten der K. Regierung kräftige Unterstützung, jedoch unter der Bedingung, daß das Geschäft von einem Kaufmann in die Hand genommen werde; es wählten die Aktionäre den in Schramberg ansäßigen J. P. Haas. Man fabricirte nun auch Seidenhüte und später erbot sich Kaufmann J. Tobler aus Zürich weitere Branchen der Strohindustrie (Taschenfabrikation und Palmhutflechterei) einzuführen, von denen die Strohtaschen nach Frankreich, England, Belgien, Holland, dem Rheinlande und sogar nach Amerika abgesetzt wurden. Die Armenbeschäftigungsanstalt wurde nun in eine Industrieanstalt umgewandelt und im Jahr 1845 trat Erhard Junghans definitiv ins Geschäft ein und leitete die Taschenfabrikation. Der Absatz der Fabrikate steigerte sich mit jedem Jahr auf eine erfreuliche Weise. Die Strohflechterei wurde nun auf 33 Gemeinden der Oberämter Oberndorf, Sulz, und Rottweil allmählig ausgedehnt; man errichtete Flechtschulen in denselben, wozu die Staatsregierung ihre Unterstützung gerne gewährte und auf diese Weise steigerte sich die Betheiligung auf 5–6000 Menschen, die im württembergischen Schwarzwalde mit Strohgeflechten aller Art, Verfertigung von Palm-, Panama- und Fischbeinhüten, Korbflechten etc. den größten Theil des Jahrs Arbeit und Verdienst finden; ja es gibt Gemeinden, denen für die Industriebetheiligten bis auf 10.000 fl. das Jahr ausbezahlt werden. Die Anzahl der Hüte, welche in einem Jahr gefertigt wurden, belief sich schon auf etwa 500.000 Stücke. Bald wurde auch die Strohfärberei und die Leim-, namentlich auch die Knochenleimfabrikation eingeführt; aus den abgängigen Knochen wurde Knochenmehl fabricirt, von dem gegenwärtig etwa 2000 Centner an Landwirthe verkauft werden. Die nun bestehende Firma des Geschäfts, „Strohmanufaktur von J. P. Haas u. Comp.“ entstand im Jahr 1854, nachdem die noch verbliebenen Aktionäre ihre Aktien an den Grafen von Bissingen abtraten, der sich mit J. P. Haas und Erhard Junghans zur nunmehrigen Gesellschaft einigte. Das Geschäft hat seine eigenen Reisenden, die sowohl von Schramberg aus, als auch von dem Filialgeschäft in Berlin und den Niederlagen

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_299.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)