Seite:OABalingen0018.jpg

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oberen Klingenbach zwischen Thanheim und der Wasserscheide heute das ganze Terrain noch in Bewegung ist, sieht man am deutlichsten an dem neuen Straßenbau von Thanheim, nicht minder setzen die Blockmeere am Zollersteig, der hangende Stein am Zellerhorn, von dem erst im verflossenen Jahre 1879 ein Bergschlipf über 100 Morgen umfassend gegen den Ort Boll sich in Bewegung gesetzt hatte, in Erstaunen.[ER 1] Kurz an der ganzen Grenze von weißem und braunem Jura läßt sich nur mit wenig Unterbrechung die Erscheinung der Bergstürze und Schuttwälle verfolgen, die von der Gegenwart in entfernte Vergangenheit zurückgreifen. Die Geschichte dieser Bergstürze scheint stets dieselbe zu sein, wie sie im Jahr 1879 am Zellerhorn, im Jahr 1852 am Plettenberg (Württ. Jahreshefte 1853 IX 112) 1786 am Ortenberg (Rösler Beiträge 1788, 59) beobachtet worden ist; es berstet zunächst der Boden über den Ornatenthonen, in den Rissen sammeln sich die Wasser und durchweichen die fette Unterlage zu einem dickflüssigen Brei, alte Quellläufe verstopfen sich und plötzlich bricht das in Wassersäcken gesammelte Wasser an einem andern Ort aus, der Fuß der Schichten bricht ab, unter Krachen zerreißen die Wurzeln der Bäume und kommt die Bergwand mit Allem, was an ihr und auf ihr ist, in Bewegung. Zwei, drei Wochen lang rutscht langsam die Bergwand ab, die oberen Felsenklötze stürzen nach und der Schlammschutt wälzt sich träge zu Thal, die stärksten Tannen zerknickend und Kopfüber in den Schlamm pressend, bis die Masse auf den Absätzen des mittleren und unteren Braun-Jura zum Stillstand kommt. Jahre steht es an, bis sich eine Kruste über dem Schlammstrom bildet, so daß es möglich wird, über denselben zu schreiten, und Jahrzehnte, bis die Narbe im Wald verwächst. 1

Ein aufmerksamer Beobachter wird die Schutthalden an den Bergschlipfen nicht leicht mit dem Bergkies und dem glazialen Geschiebe verwechseln, das auf den Höhen der Wasserscheide wie in den Niederungen der Thäler in einer Mächtigkeit bis zu 12 m und darüber gelagert ist, oder auch an einzelnen Berggehängen wie auf den Kuppen von Hügeln getroffen wird. Der Kies ist in der Regel rein gewaschen, die einzelnen Stücke zwar eckig und schieferig anzusehen, aber ohne scharfe Kanten und Ecken, deutlich einen Schub von weiterher verrathend, bei welchem die einzelnen Stücke gescheuert wurden. So treffen wir den Kies auf den Höhen der Wasserscheide zwischen Eyach und Schmiecha unter dem Lehm, in der großen Juraeinsattlung des Degenfeld

Errata

  1. S. 18 Z. 7 lies zum Schluß des Satzes: in Erstaunen. Siehe Nachträge und Berichtigungen, Seite 543.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0018.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)