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Zwecken dienenden Kanal sendet, auch an der Stadt von rechts den Ezelbach und unterhalb den Schlichtbach und Reichenbach aufnimmt, indeß die letztere theils durch den südlichen Stadtgraben in die Eyach fließt, theils als Stadtbach unterirdisch durch die Mitte der Stadt in jenen Kanal geleitet ist. Die Lage der Stadt ist ebenso bedeutend als schön. Zwischen der steil abfallenden mit üppigen Obstgärten bestandenen Ostseite des kleinen Heubergs und den weit hinausspringenden Vorhöhen der Alb gelegen, füllt sie den wichtigen Paß der alten Schweizerstraße in der Weise aus, daß die neue ihr parallel gehende Eisenbahn ihren Weg schon z. Th. in den Fuß des kleinen Heubergs einschneiden mußte. Von den umgebenden Höhen aber nicht nur, sondern gleich vor den Thoren der Stadt schweift der Blick weithin über das fruchtbare Wellenland der Liasplatte, das gegen Osten an die gewaltige, zinnengekrönte Mauer des Albrands sich lehnt, gegen Westen ohne bestimmt hervortretende Grenze dem Schwarzwalde zu verläuft. Man wird diesen Punkt als den eigentlichen Anfang des württembergischen (zwischen Alb und Schwarzwald liegenden) Oberlandes im strengeren Sinne bezeichnen dürfen, indeß die Strecke von hier bis Tübingen oder zu den Fildern eine Mittelstufe darstellt; weist doch unsere Gegend die letzten Spuren altwürttembergischen Weinbaus auf und erscheinen gerade von jetzt an, die höchsten Erhebungen der Alb bezeichnend, die ernsten Nadelwälder an ihren Hängen.

An den der Lage entsprechenden alten Festungscharakter der Stadt erinnert noch der die Südseite und einen Theil der Ostseite entlang laufende wohlausgemauerte Stadtgraben mit dem prächtigen runden südöstlichen Eckthurm, Wasserthurm genannt (dem letzten von vieren), hinter dem das alte freilich nur noch in späterem Holzbau erhaltene Zollerschloß hervorblickt. Der westliche Graben ist bis auf einen Abzugsgraben zugefüllt, ebenso der nördliche, die jetzige Straße: „Auf dem Graben“, deren Südseite das Ende der alten Stadt noch erkennen läßt. Auf allen Seiten war die Mauer doppelt, eine höhere Haupt- und eine niedrigere Zwingmauer, mit Wassergräben, für welche man 1428 das Herrschaftswasser aus der Steinach zu benützen der Stadt erlaubte. In der Mauer waren 2 Thore, das obere und das untere, außerdem noch das Gerberthörlein auf der Ostseite.

Die Straßen waren eng und krumm bis zum Brande von 1724, der die Stadt zu einer der wohlgebautesten Landstädte des Herzogthums machte. Doch war auch jetzt nur eine einzige

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0260.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)