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Schaden. Herrliche Aussicht auf den gewaltigen Thalschluß (besonders vom Kirchthurm), die Erhebung über die beiden zusammenstoßenden Thalschluchten, sowie der mannigfaltige Anbau, besonders ein Reichthum an Obst- und anderen Bäumen, machen die Lage zu einer ausgezeichneten.

Die Balingen-Ebinger Staatsstraße durchzieht der Länge nach den schmucken Ort, der neben guten, alten Holzhäusern viele schöne neue zeigt.

Die Kirche liegt weithin sichtbar, vom alten, zum Theil noch ummauerten Kirchhof umschlossen (ein neuer seit 1837 außerhalb des Orts) auf einer Terrasse, im oberen Theil des Orts; sie zeichnet sich namentlich durch ihren hübschen, mit Strebepfeilern eingefaßten aus dem Achteck konstruirten Chor aus, an dessen Nordseite der mit einer Holzgallerie versehene und mit einem Zeltdach gedeckte Thurm sich erhebt. An der Südwestecke der Kirche steht der Grabstein des Pfarrers Schwan, geb. 1687, gest. 1737. Die Fenster des Chors, sowie noch eines der Südseite zeigen schönes, spätgothisches Maßwerk. Das Innere zeigt im Langhaus eine hübsch getäfelte, flache Decke. Der kräftig profilirte, gothische Triumphbogen führt in den Chor, dessen schönes Sterngewölbe auf schildförmigen Konsolen, in den Ecken auf Fratzen sitzt und skulpirte Schlußsteine (Petrus, Maria mit Kind) hat. In die Sakristei führt eine hübsche, gothische Pforte mit gekreuzten Stäben, die gewundene Füße haben, und gutem Schmiedeisenbeschläg an der Thüre. Das Ganze analog den Formen der Kirche zu Frommern. Der Altarcrucifixus (unter Lebensgröße), gleichfalls ein altes, gutes Werk, von mildem Ausdruck des Hauptes. Der Kanzelstock hübsch geschnitzt, gewunden; der Taufstein neugothisch. Von den 3 Glocken des Thurmes zeigt die kleinste keine Schrift; die mittlere in besonders schöner Majuskelschrift: O rex glorie. Lucas Marcus Matheus St. Johannes Die größte ebenfalls in Majuskeln: Sancta Maria ora pro cristianitate omni cum pulser. o rex glorie veni cum pace. Die Kirche ist von der Stiftung zu erhalten. Ganz nahe bei ihr liegt das alte, aber freundliche und wohnliche Pfarrhaus, von schönen Gärten umgeben und gleichfalls mit freier Aussicht; es ist vom Staat zu erhalten. Das Schulhaus, 1818 erbaut, liegt angenehm sonnig, mitten im Ort, enthält 2 Lehrzimmer und die Wohnung des ständigen, wie des unständigen Lehrers. Das benachbarte Rathhaus stammt von 1798. Auch ein Armenhaus besitzt die Gemeinde.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0315.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)