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Ein traulicher, baumbewachsener alter Kirchhof – erhalten an der Südseite der Grabstein des Mattheus Balinger, gewesenen Schultheißen und fürstl. Verwalters, gest. 15. Dez. 1606, mit Rehbockwappen – umgibt sie. Sie selbst freilich stellt von außen auf drei Seiten ein unförmliches Ganze von niederen Mauern, gewaltigem Dach, unregelmäßigen Fenstern, Treppen und Mansarden dar. Der nordöstlich stehende Thurm, durch die gewölbte Sakristei (jetziges Archiv), ursprünglich das Untergeschoß eines gewaltigen Viereckthurms, vom Chor getrennt, wurde 1670–72 erbaut, ist unten viereckig, geht dann ins Achteck über und trägt ein kupfernes Kuppeldach mit Laterne. Nur auf der Ostseite verräth der in drei Seiten des Achtecks schließende Chor mit maßwerklosen Spitzbogenfenstern, darunter einem schmalen alten, die gothische Anlage; auch an der Nordseite hat sich ein Portal dieses Stils mit dem schöngearbeiteten Reiterbild des h. Martinus im Bogenfeld erhalten. Wirklich überrascht das Innere nicht nur durch einen schönen Chor von schlanken Verhältnissen, sondern auch durch eine wohlerhaltene Arkadenanlage des Langhauses. Der Chor ist von einem schönen auf Konsolen (davon an dreien ein hockender Löwe, ein Kopf und ein Mann mit Andreaskreuz) ruhenden Kappengewölbe bedeckt. Die runden Schlußsteine sind leer, bis auf den hintersten, welcher einen Kopf mit Strahlen (Sonne) zeigt, rechts und links davon auf den Rippenkreuzungen die Zeichen der 4 Evangelisten, in der hintersten aber ein Meisterzeichen: Wappenschild mit 2 sich kreuzenden Schabmessern, davor ein Pfeil und Ring, nebst den Initialen I–St. Die einfachen Formen der vorderen Hälfte weisen auf frühgothische Zeit; der Schluß scheint später eingesetzt. An der südlichen Chorwand steht der „Affenschmalz“ d. h. das Grabmal des Ritters dieses Namens in schönem Hochrelief, im Schild oben ein Ring, unten ein Kleeblatt. Umschrift in Minuskeln: anno . dm . MCCCCXIII . uff . sant . hilarien . tag . starb . hainrich . von . ringelstain . gen … affenschmaltz . edl . kneht . dem . got . gnedig . sy.[1] Nördlich eine Erztafel: Zur


  1. Es ist dies der seit dem J. 1390 in Urkunden öfters genannte Heinrich von Killer genannt Affenschmalz zu Ringingen, welcher im J. 1409 von Graf Friedrich von Zollern genannt Schwarzgraf mit Ringelstein belehnt wurde (vergl. Locher in Hohenzoller. Mittheilungen 12, S. 30 ff. Monum. Zolleran. 1, 425; desgl. unten). Wohl im Andenken an ihn heißt noch heutzutage die Burgruine auf dem hohen abgerundeten Bergvorsprung der Albtraufe, Markung Jungingen
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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0324.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)