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Nähe dieses untern Thurms stand eine alte Burg, welche erst 1772 vollends abgetragen wurde, und von der noch einzelne Spuren sich finden.

Das Innere der etwas unregelmäßig angelegten Stadt hat wenig Ansprechendes, dagegen gewährt sie von mehreren Außenseiten sehr malerische Ansichten; die Wohnungen sind größtentheils unansehnlich aus Holz erbaut und stammen häufig aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Ortsstraßen sind mit Ausnahme der vor mehreren Jahren zum Theil durch den Abbruch von Gebäuden erweiterten beiden Hauptstraßen, enge und zum Theil winkelig, jedoch mit Steinen beschlagen und reinlich gehalten.

Früher lief die Landstraße von Stuttgart nach Heilbronn auf der linken Seite der Enz an der Stadt vorüber und erst in den 1770er Jahren wurde sie durch die Stadt geführt, bei welcher Veranlassung die Stadtmauer am unteren Thurm durchbrochen und auch die untere Enzbrücke erstmals erbaut worden. Auch die von Marbach und Groß-Ingersheim herführende Straße lief vor dieser Veränderung durch das Bügelesthor und führte über die obere Enzbrücke in die Hauptstraße. Eine bedeutende Correction der Hauptstraße innerhalb der Stadt, fand in den 1830er Jahren Statt.

Von den freien, öffentlichen Plätzen der Stadt sind zu nennen: der oblonge, reinlich gepflasterte Marktplatz, an dem das Rathhaus steht, und der ausgedehnte Kelternplatz bei dem untern Thurm; der sog. Schloßplatz in der Nähe der Oberamtei ist von geringer Bedeutung.

Auf dem Marktplatz steht ein vierröhriger Brunnen mit dem steinernen, lebensgroßen Standbild eines Markgrafen von Baden, auf dessen Schild das alte badische Wappen angebracht ist; die Brunnensäule selbst stammt aus neuerer Zeit und wurde 1731 renovirt, während die Errichtung des Standbildes in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts


    entschieden mittelalterlichen Gebäuden sogar in nächster Umgebung überein, wie mit denen an dem Chor der Kirche und an der Reginswinde-Kapelle zu Lauffen, an dem Thurm zu Liebenstein, an der Ruine Blankenhorn etc. Abgesehen von den die Kaminschöße tragenden Säulen, welche im romanischen Styl ausgeführt und schon deshalb in das 11. oder 12. Jahrhundert zu setzen sind, finden sich ganz ähnliche in dem Thurm der Ruine Neipperg, in dem Thurm zu Liebenstein, in dem Schleglerschloß zu Heimsheim etc., denen wohl Niemand die mittelalterliche Abkunft abzusprechen geneigt sein wird. Endlich fand man unter den, in den Thürmen schon früher aufgefundenen – wie durch Nachgrabungen erhaltenen Anticaglien nicht einen Gegenstand, der von dem Kenner für römisch hätte erklärt werden dürfen.

    Paulus.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0096.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)