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Bietigheim,
Gemeinde II. Kl. mit 3186 Einw., worunter 13 Kathol. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Ludwigsburg eingepfarrt.

Die Stadt Bietigheim ist der Sitz des Bezirkscameralamts, eines Amtsnotars und einer Postexpedition; auch befindet sich daselbst ein praktizirender Arzt und eine altberechtigte Apotheke. Die Lage des Orts ist unter dem 26° 47′ 19,28″ östlicher Länge und 48° 57′ 36,85″ nördlicher Breite (Stadtkirchthurm), 11/4 geom. Stunden südlich von der Oberamtsstadt; die Erhebung über das Mittelmeer beträgt an der Erdfläche der Stadtkirche 683 Württ. oder 603,2 Pariser Fuß und das Niveau der Enz oberhalb der Brücke 628 Württ. oder 554 Pariser Fuß.

Am Einfluß der Metter in die Enz, auf einem südlichen, mäßig geneigten Abhange hat die übrigens unregelmäßig gebaute Stadt eine sehr freundliche, jedoch etwas unebene Lage, gegen Norden geschützt, gegen Süden mehr offen und daher der Gesundheit zuträglich.

Die Gebäude, von denen einzelne noch aus dem 16. – mehrere aber aus dem 17. Jahrhundert stammen, sind meist aus Holz auf steinernem Unterstock erbaut und haben nicht selten Durchfahrten zu den hinter ihnen gelegenen Hofräumen und Scheunen. Ihr Äußeres hat, mit Ausnahme der öffentlichen und einiger Privatgebäude, wenig Ansprechendes, eher etwas Düsteres, auch sind die Wohnungen meist enge zusammengebaut und gleichsam in den Raum, den die Stadtmauer umschloß, eingezwängt. Die außerhalb der Stadtmauer gelegenen Theile (Vorstädte) sind dagegen weniger gedrängt und freier angelegt. Von der doppelten Stadtmauer mit Zwinger haben sich namentlich an der südlichen und nördlichen Stadtseite noch ansehnliche Überreste erhalten, dagegen sind seit dem Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts die Thürme, welche an derselben standen, mit Ausnahme eines an der nordöstlichen Ecke der Stadt stehenden und einiger runden Thürmchen, theils gänzlich, theils bis auf das untere Stockwerk abgetragen worden. Zu dieser Zeit wurden auch die 5 Stadtthore bis auf das an der Ostseite stehende „untere Thor“ abgebrochen; außer diesem bestanden nämlich: das „obere Thor“ an der westlichen Seite bei dem Cameralamtsgebäude, das „Schieringer Thor“ an der nördlichen Stadtmauer, das „Brunnenthor“ an der südlichen Seite des Rathhauses und das, übrigens nur für Fußgänger bestimmt gewesene „Bettelthörle“ an der südlichen Stadtmauer. Das noch vorhandene untere Thor hat eine spitzbogige Durchfahrt, über demselben erhebt sich ein alter, massiver Thurm, dem ein hölzernes, bewohntes Stockwerk aufgesetzt ist.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)