Seite:OABesigheim0121.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Westseite stehende viereckige Thurm hat einen Durchgang, zu dem spitzbogige Portale führen, von denen das nördliche oberhalb das Stadtwappen und die Jahrszahl 1544 trägt, welche den Anfang des im Jahr 1547 vollendeten Thurmbaues bedeutet. Der Thurm besteht aus vier massiven Stockwerken, von denen die drei untersten nur schmale Fensterchen haben, während das vierte, auf dem auch der Umlauf (Kranz) sich befindet, mit breiten, spitzbogigen, zum Theil germanisch gefüllten Fenstern versehen ist. Über dem Umlauf erhebt sich ein neueres, aus Holz erbautes Stockwerk, welches die Wohnung des Thurmwächters enthält und mit einem mit Schiefer gedeckten Bohlendach, aus dem ein kleines Thürmchen empor wächst, gedeckt ist. Das Innere der Kirche ist etwas düster und hat außer dem im germanischen Styl gehaltenen Stock der Kanzel mit der Jahrszahl 1559, und einem in der Nähe des Taufsteins liegenden, mit dem Wappen der Herren von Sternenfels gezierten Grabdenkmal, nichts Bemerkenswerthes. Vom Langhaus führt ein spitzbogiger Triumphbogen in das um drei Stufen höher gelegene Chor, dessen Kreuzgewölbe in der Richtung von Westen nach Osten folgende Bilder auf den Schlußsteinen enthält: 1) eine Rosette, 2) einen Christuskopf und 3) das Lamm Gottes. Im Chor befinden sich Reste von schön geschnittenen Chorstühlen; Chor und Langhaus waren mit Wandmalereien geziert, die einer weißen Tünchung weichen mußten. In der mit einem Kreuzgewölbe versehenen Sakristey befindet sich ein spitzbogiger Wandbehälter mit der Aufschrift anno dom. 1481. Statt der alten Glocken, die bei einem Brande am 2. Dez. 1721 schmolzen, so daß das herabfließende Erz theilweise unten auf der Straße aufgefaßt wurde, sind 1722 vier neue, theilweise aus dem geschmolzenen Erze gegossen worden. 1

2) Eine weitere Kirche zu St. Peter liegt auf einer freundlichen Anhöhe, beinahe 1/4 Stunde westlich von der Stadt an der Vicinalstraße nach Groß-Sachsenheim; sie soll früher die Hauptkirche nicht nur für Bietigheim, sondern auch für die Orte Bissingen und Metterzimmern gewesen seyn, bis die Zahl der Einwohner in Bietigheim sich vergrößerte, jene beiden Dörfer vom Kirchenverbande sich trennten und die besondere Kirche in der Stadt erbaut wurde. Im Jahr 1693 haben die Franzosen dieselbe ruinirt, sie ist bisher nicht in der Weise wieder hergestellt worden, daß sie zum eigentlichen Gottesdienste gebraucht werden kann; auch hat sie bei dem spätern Einfall der Franzosen in den Jahren 1796–99 abermals gelitten. Gleichwohl haben sich an der Kirche noch manche Spuren früherer Ausstattung erhalten, namentlich hat das mit Strebepfeilern versehene Chor, wie auch theilweise das Schiff noch spitzbogige Fenster mit germanischen Füllungen in den Bogentheilen; die Eingänge sind ebenfalls spitzbogig; über dem an der westlichen

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0121.jpg&oldid=- (Version vom 6.2.2020)