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422′ lange, steinerne Brücke, deren Erbauung in die Jahre 1456–1467 fällt und gegen 1200 Pf. Heller kostete, worauf sofort die Landstraße über Bietigheim gerichtet wurde; außer dieser sind noch über die Metter 3 steinerne Brücken und 2 hölzerne Stege angelegt. Von den steinernen Metterbrücken wurde eine, im Jahr 1824 bei der Mühle erbaute, von den Hochfluthen im August 1851 weggeführt und einstweilen durch ein hölzerne ersetzt. Der Gemeinde hat das bisher bezogene Brücken- und Pflastergeld im Wege der Verpachtung jährlich etwa 600 fl. eingetragen.

Die älteren Verkehrsmittel überwiegt aber nun die auf Staatskosten gebaute Eisenbahn, welche von Stuttgart aus über hier nach Heilbronn seit einigen Jahren im Betrieb steht und nach Bruchsal nächster Zeit in Betrieb kommen wird. Der hiesige Bahnhof, welcher den Knotenpunkt der Verzweigung bildet, ist auf einer Anhöhe südlich von Bietigheim mit freier Aussicht in das Metter- und Enzthal angenehm gelegen, aber 3/8 Stunden von der Stadt entfernt.

Eine Sehenswürdigkeit ist der demnächst (Spätjahr 1853) im Bau vollendete großartige Eisenbahn-Viadukt über die Enz. Nachdem auf dem Bahnhofe von der zweispurigen Westbahn aus die einspurige Nordbahn nach Heilbronn abgegangen, wendet sich jene mit einem Radius von 1400 Fuß und mit einem Gefälle von 1:125 dem Enzthale zu und kommt oberhalb Bietigheim 110′ über der Enz bei dem Thale an, wo die 1000 Fuß lange, seit dem 4. März 1851 im Bau begriffene Überbrückung zum jenseitigen Gebiete führt. Am rechtseitigen Thal-Abhang geht der Muschelkalk zu Tag; das diesseitige Widerlager des Viadukts fand daher schon bei einer Tiefe von 60′ unter der Eisenbahnschiene sein Fundament in den Felsen. Auch das kolossale linkseitige Widerlager ist auf Felsen fundirt, allein erst in einer Tiefe von 100′ unter der Eisenbahnschiene, und es steht hinter diesem eine Bahn-Auffüllung von 60 Fuß. Zwischen diesen Widerlagern stehen 20 massive Freipfeiler von Keupersandstein des feinsten Korns auf Felsen gegründet, welche in der Höhe von 100′ über der Enz mit 21 halbkreisförmigen Bögen von 40′ Spannweite enden und somit die Widerlager verbinden.

Diese Pfeilerkette ist 30′ unter den Halbkreisbögen noch mit flachen Spannbögen verbunden, auf deren Schale die Brücke von Fußgängern passirt werden kann.

Der Oberbau der Eisenbahn ruht zweispurig auf der wasserdichten Schale der Halbkreisbögen, und ein Geländer von 105 gußeisernen durchbrochenen Feldern wird zu beiden Seiten das Bauwerk in seiner Höhe zieren.

An den beiderseitigen Portalen werden in einem dem Bauwerke würdigen Style Schilderhäuser aufgeführt werden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0130.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)