Seite:OABesigheim0138.jpg

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Die Stadt hat zwei Thore, von denen das an der Nordseite stehende mit seinem hohen, alten Thurme noch in seiner ursprünglichen Gestalt geblieben ist, während das an der Südseite im Jahr 1812 abgebrochen und in ein modernes Stacketenthor umgewandelt wurde. Außer dem imponirenden Thorthurme haben sich an der nordöstlichen Stadtecke ein viereckiger Thurm mit Zeltdach und an der östlichen Stadtmauer noch ein halbrundes Thürmchen erhalten, welche im Verein mit den festen Stadtmauern und mit dem an der nordwestlichen Stadtecke stehenden alten Schloß dem Ort noch das unverdorbene Gepräge einer wohlhäbigen, mittelalterlichen Stadt aufdrücken[1]. Außerhalb der Ringmauern sind in neuerer Zeit auf der nördlichen, östlichen und südlichen Seite der Stadt einige Häuserreihen und Gruppen entstanden, welche gleichsam die Vorstädte bilden. Die aus Holz, häufig auf steinernem Unterstock erbauten Gebäude, sind mit Ausnahme der öffentlichen, meist klein und minder ansehnlich; die wenig reinlichen Ortsstraßen sind durchgängig macadamisirt und außer den beiden Hauptstraßen meist enge und winkelig. Freie, offene Plätze befinden sich vor dem neuen und alten Schlosse und vor dem Rathhaus; der zum Theil noch mit einer Mauer umfangene Raum um die Pfarrkirche, welcher früher als Begräbnißplatz diente, ist nicht beträchtlich.

Von öffentlichen der Gemeinde gehörigen Gebäuden sind zu nennen:

1) Die im Gemming’schen Viertel gelegene Pfarrkirche, ein sehr ansehnliches, massives, dreischiffiges Gebäude, das übrigens durch spätere Veränderungen verunstaltet wurde. Das hohe Mittelschiff hat spitzbogige niedere Fenster, während die der Seitenschiffe geschmacklos, das Ganze störend, verändert worden sind; nur die spitzbogigen Eingänge haben sich in ihrer ursprünglichen Architektur erhalten, von denen namentlich der an der südlichen Seite befindliche noch im Übergangsstyl von der romanischen in die germanische Periode gehalten ist, was neben vielen andern Merkmalen innerhalb der Kirche, deren Erbauung in das 13. Jahrhundert zu setzen berechtigt. Das vierseitig schließende Chor hat Strebepfeiler und schmale, hohe, germanisch gefüllte Fenster. Der massive, hohe Thurm ist viereckig und nur das obere mit spitzem Zeltdach versehene Stockwerk bildet ein Achteck, das spitzbogige Fenster hat, deren Füllungen übrigens theilweise ausgebrochen wurden; in den mittleren Stockwerken sind, nur schmale, schießschartenartige Lichtöffnungen angebracht, das unterste aber, welches früher die Stelle einer


  1. Eine Mauer zum Schutze des Orts, ließ das Kloster Bebenhausen im Jahr 1286 und folg. aufführen; am 23. April d. J. verband sich die Gemeinde Bönnigheim, in bestimmten Terminen dem Kloster die Auslagen, welche es deßhalb aus gutem Willen machte, zu erstatten. Mone, Zeitschrift 4, 97.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)