Seite:OABesigheim0171.jpg

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welches einem Privatmann gehört, befindet sich gegenwärtig die Schule für die Judenkinder gegen eine von der Gemeinde zu entrichtende Hausmiethe. Der israelitische Schullehrer, welcher keine Wohnung von der Gemeinde anzusprechen hat, bewohnt sein eigenes Haus. Die im Jahr 1770 erbaute Synagoge, ein massives Gebäude mit Walmdach, steht im nordwestlichen Theile des Orts; ganz in der Nähe desselben befindet sich das der israelitischen Gemeinde gehörige Frauenbad. Der Rabbiner hat keine Amtswohnung, sondern wohnt auf Kosten seiner Gemeinde in einem Privathause. Der Begräbnißplatz der Juden lag früher 1/4 St. südöstlich vom Ort: der gegenwärtige wurde 1811 am Fuß des Seebergs in einem der Gemeinde Bönnigheim gehörigen Walde angelegt.

Der Ort hat nur einen laufenden Brunnen (Schloßbrunnen), welcher übrigens kein gutes Wasser führt, dagegen spenden 5 Pumpbrunnen gesundes Trinkwasser in hinreichender Menge. Ein kleiner Weiher befindet sich hinter der Kirche; überdieß fließt der 1/2 Stunde nordwestlich vom Ort im Stromberg entspringende Steinbach durch einen Theil des Dorfs und unterhalb desselben durch den an der nordöstlichen Seite des Schloßgartens hinführenden Graben. Nicht fern von seinem Ursprung wurde der Bach früher zu zwei, je 11/2 Morgen großen Weihern geschwellt, welche nun trocken gelegt und in Wiesen umgewandelt sind. Südwestlich vom Ort lag der von der Gräfin von Würben angelegte Kugelsee, der ebenfalls eingegangen und in fruchtbares Ackerland verwandelt ist.

Die Einwohner, abgesehen von einigen vermöglichen Judenfamilien, sind wenig bemittelt, und besonders bei der unbedeutenden Feldmarkung, welche die kleinste im Oberamtsbezirk ist, im landwirthschaftlichen Erwerb beschränkt. Überdieß ist der etwas schwere, zum Theil kalte Thonboden, weniger fruchtbar und wird nur durch die ihm zu kommende fleißige Bebauung und äußerst reichliche Düngung ergiebig gemacht. Die besseren Güter werden meist von den Juden, welche stets über baares Geld zu verfügen haben, angekauft, und hauptsächlich als Hilfsmittel zum Betrieb des Viehhandels benützt. Ein großer Theil der Markung ist Eigenthum der K. Hofdomainenkammer, von derselben aber unter billigen Bedingungen an Einzelne in Pacht gegeben; wenn dieses nicht der Fall wäre und sich nicht viele Gelegenheit zu Taglohnarbeiten, namentlich bei den Juden, darböten, so wäre manche Familie außer Stande, ihr nöthiges Auskommen zu finden. Die Erwerbsquellen der christlichen Einwohner bestehen demnach in Taglohnarbeiten, etwas Feldbau, Weinbau und Viehzucht; die Juden beschäftigen sich sowohl mit Krämerei als auswärtigem Handel, meistens Viehhandel, weniger mit örtlichen Gewerben oder Feldbau.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0171.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)