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an der Hauptstraße des Orts gelegene Schulhaus mit Lehrerwohnung ist von der Gemeinde zu erhalten. Das 1791 massiv erbaute Rathhaus mit Thürmchen und Uhr steht in der Mitte des Orts. Am nördlichen Ende des Dorfs befindet sich eine sehr geräumige Kelter, welche in Folge der Zehentablösung im Jahr 1849 von der K. Hofdomänenkammer in das Eigenthum der Gemeinde übergegangen ist.

Die sehr betriebsamen, fleißigen und sparsamen Einwohner, deren Vermögensumstände zu den gut mittleren gehören, sichern sich ihr Fortkommen hauptsächlich durch Weinbau, Ackerbau, Viehzucht und Victualienhandel; einen besonderen Erwerbszweig bildet der Handel mit Frühkirschen, welche meist nach Stuttgart, Ludwigsburg, Heilbronn, auch nach Ulm abgesetzt werden.

Die klimatischen Verhältnisse sind äußerst günstig und sowohl dem Gedeihen der Feldfrüchte als auch für die Gesundheit der Einwohner zuträglich, welche häufig ein hohes Alter erreichen. Hagelschlag kam seit 8 Jahren nicht mehr vor.

Die nicht sehr ausgedehnte, zum größeren Theil auf der rechten Neckarseite gelegene Markung besteht mit Ausnahme des nördlichen, ziemlich ebenen Theils meist aus den schroffen Neckarthalgehängen und deren Ausläufern. Der im Allgemeinen sehr fruchtbare Boden besteht auf der Anhöhe und am Fuß der steilen Abhänge aus tiefgründigem Diluviallehm, während im Thal häufig der Sand vorherrscht; an den Thalgehängen selbst tritt der Muschelkalk auf und bildet dort einen steinigen, kalkhaltigen, dem Weinbau sehr zuträglichen Boden.

Die Landwirthschaft wird mit Fleiß betrieben und zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen finden immer mehr Eingang; auch der noch ziemlich allgemeine deutsche Wendepflug weicht nach und nach den Brabanter und Suppinger Pflügen. Im System der Dreifelderwirthschaft, mit beinahe ganz angeblümter Brache, baut man neben dem Getreide Kartoffeln, Mohn, Hirsen, Welschkorn, auch werden wegen des nicht zureichenden Wiesenbaus sehr viele Futterkräuter, Angersen etc. gepflanzt. Das Welschkorn gedeiht vorzüglich und wird in solcher Menge gepflanzt, daß nicht selten in einem Jahr über 100 Scheffel nach Außen verkauft werden; dagegen wird Gerste, welche wegen der hitzigen Böden nicht gerne geräth, wenig gebaut. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 1 Scheffel Dinkel, 3–4 Sri. Haber und ebenso viel Roggen, Weizen und Gerste; der Ertrag wird durchschnittlich zu 7–8 Sch. Dinkel, 5–6 Scheff. Haber, 3–31/2 Scheff. Roggen, 3 Scheff. Weizen und 3–41/2 Scheff. Gerste per Morgen angegeben. Dinkel wird viel an Bäcker nach Stuttgart und Ludwigsburg verkauft. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 300–700 fl.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0197.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)