Seite:OABesigheim0228.jpg

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Böden ruhten, hinlänglich beweisen. Der gegenwärtige Holzeinbau wurde erst in neuerer Zeit, um den Thurm bis zu seiner Zinne wieder zugänglich zu machen, ausgeführt. An der südwestlichen Seite des Thurms hat sich ein gedoppeltes Rundbogenfenster erhalten, das in der Mitte durch eine Säule getheilt ist.

Das neue (obere) Schloß, wie auch die großartigen Nebengebäude desselben, sind sämmtlich massiv im Renaissancestyl mit Staffelgiebeln etc. erbaut und stammen meist aus dem Ende des 16. Jahrhunderts. Das eigentliche Schloß bestand ursprünglich aus zwei Gebäuden, von denen das eine gegenwärtig der hofkammerliche Förster bewohnt, während das andere anstoßende (früher das Jägerhaus genannt) einem der Gutspächter zur Wohnung eingerichtet ist; die übrigen Gebäude dienen theils als Wohnungen, besonders aber als Ökonomie- und Stallgebäude.

Am nördlichen Ende des Gebäudecomplexes steht die ehemalige Schloßkirche, ein schönes, mit prachtvollen Bildhauerarbeiten verziertes Baudenkmal aus der Übergangsperiode von dem gothischen in den Renaissance-Baustyl, das übrigens täglich mehr seinem Untergange entgegen geht. Die Kirche bildet ein gleichseitiges Rechteck; an der Vorderseite (südöstliche Giebelseite) befindet sich der Haupteingang nebst einem Seiteneingang und zwei im gothischen Styl gehaltene, in den Bogentheilen gefüllte Spitzbogenfenster. Über dem Haupteingang ist das Liebenstein’sche Wappen und etwas höher seitwärts St. Jakobus angebracht; den Giebel zieren in Medaillons die sehr kunstreich aus Stein gearbeiteten Brustbilder des Königs David und Karl’s des Großen. Der Giebel selbst ist ein verschnörkelter, mit Spitzsäulen verzierter Staffelgiebel, auf dessen Spitze eine Figur mit Fahne in der rechten Hand steht. Das Innere der Kirche ist sehr heruntergekommen, einzelne Theile, namentlich die Emporen, drohen den Einsturz, andere, wie Kanzel und Altar, sind bereits verschwunden. Die Decke besteht aus einem zusammengesetzten Tonnengewölbe, das durch zwei Renaissancesäulen unterstützt wird; an den Stellen, von denen die Gewölbebögen ausgehen, sind, als Consolen dienend, Brustbilder von Moses, Johannes etc. angebracht. An der nordöstlichen Seite der Kirche steht ein achteckiger Thurm mit gedrücktem Zeltdache, der bis an den Fries des Kirchenschiffs nur ein halbes Achteck bildet und sich erst gegen oben als selbstständiger Thurm erhebt. Der untere Theil, das halbe Achteck, dient als Chor und ist mit Strebepfeilern, zwischen denen sich spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster befinden, versehen; das Innere desselben hat ein Gewölbe, dessen Gurten von Renaissancesäulen ausgehen und an der obern Kreuzung, einen Schlußstein haben, auf dem das Liebenstein’sche Wappen mit der Umschrift: „Albrecht, Johann, Philip, Ravan, Conrad. Alle von

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0228.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)