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46 IV. 1. Orte.


den Gemeinderathsstuhl ein; die Väter des Bräutigams und der Braut, Vormünder und besonders zu ehrende Verwandte zeichnet ein ellenlanges, flatterndes, schwarzes Band im Knopfloch aus. Nach der Trauung stellen sich die stets zahlreich Anwesenden auf der Straße auf, die Männer auf der einen – die Weiber, das Brautpaar und Gefolge auf der andern Seite, und der Schulmeister mit der von dem Brautpaar erhaltenen Bandschleife in der Hand, hält eine Rede. Nach diesem beginnt die Zechhochzeit. Eine Herein- oder Hinaus-Heirathende zieht mit dem Hausrath auf dem Wagen feierlich ein oder ab, wobei auf den Kästen die Betten reinlich überzogen, ausgebreitet sind; vornen steht die angelegte Kunkel mit Spindeln besteckt und womöglich mit etlichen Äpfeln behängt, hinten darf die Wiege nicht fehlen. Sowohl bei den Hochzeiten als bei dergleichen Ein- oder Auszügen wird von den ledigen Burschen geschossen. In Magstadt ladet man zu Zechhochzeiten ebenfalls die ganze Gemeinde; bei den Proclamationen werden die Verwandten gebeten in der Kirche zu erscheinen, um das Brautpaar in das Gebet einzuschließen, ein schöner, frommer Gebrauch aus alten Zeiten, der nie abgehen sollte. In den übrigen Orten sind diese Hochzeitsfeierlichkeiten wenigstens theilweise noch geblieben, in einzelnen aber beinahe ganz abgekommen.

Von Volksbelustigungen ist das früher allgemein gewesene Eierlesen am Ostermontag nur noch in einzelnen Gemeinden, wie in Schönaich, Dagersheim etc. üblich. Außer den Hochzeiten sind Kirchweihen und Jahrmärkte, die wichtigsten Veranlassungen zu Vergnügungen, Tanz und Gelagen; übrigens verliert sich, wie schon oben erwähnt wurde, die Lust zum Tanzen täglich mehr und an einigen Orten gehört es bereits zu den Seltenheiten. Über das Jahresfest der Keßler, welches ehemals in Böblingen abgehalten wurde und über den sogenannten Kuchenritt, der in Sindelfingen bestand, verweisen wir auf die betreffenden Ortsbeschreibungen.

Die Mundart ist die breite, kräftig gemüthliche niederschwäbische, die in den westlichen Grenzorten etwas von dem Schwarzwälder Dialekt annimmt. In Schönaich wird der Vater noch Ätte und die Mutter Amm genannt.


IV. Wohnorte.

1. Orte.
A. Zahl, Gattung und Areal.

Im Ganzen zählt der Oberamtsbezirk 41 Wohnplätze, nämlich 2 Städte, 14 Pfarrdörfer (worunter 5 mit Marktrecht),


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen046.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)