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1. Böblingen. 99


Anhöhe gestandenen Kapelle erhalten haben soll. Die unregelmäßig angelegte innere Stadt ist größtentheils uneben, hat enge, winkelige Straßen und mit Ausnahme der öffentlichen, meist alte und unansehnliche Gebäude. Die Vorstädte mit ihren breiten Straßen gleichen mehr einem stattlichen Dorf und nur einzelne, im städtischen Style erbaute Privatwohnungen, von denen die meisten in der Nähe der Post liegen, erinnern an eine Stadt. Die Ortsstraßen sind im Allgemeinen recht gut gehalten und größtentheils macadamisirt; nur der Marktplatz und einige kleine Gassen haben noch Pflaster. Über die Zahl der Gebäude s. Tabelle I.

Von der ehemaligen soliden Befestigung der Stadt und des Schlosses zeugen besonders die noch ziemlich erhaltenen Stadtmauern, welche größtentheils doppelt und mit Zwingern und Gräben versehen sind. An ihnen standen Thürme, von denen sich der sogenannte Bärenthurm und der grüne Thurm noch erhalten haben. Durch die an der Südseite der Stadt gelegenen Seen, welche früher bis an die Stadtmauer gegangen seyn sollen und mittelst derer ein großer Theil des Stadtgrabens unter Wasser gesetzt werden konnte, war die Befestigung noch bedeutender. Die Stadt hatte 3 Thore, von denen das am westlichen Ende gelegene „untere Thor“ erst in neuerer Zeit vollends abgebrochen wurde; das obere Thor stand am Eingang in die Marktgasse am Kaufmann Jordanschen Hause außerhalb des Stadtgrabens und ein zweites jenseits desselben, so daß beide gleichsam ein Thor bildeten und nur durch den Graben, über den vermuthlich früher eine Zugbrücke ging, getrennt waren. Das dritte, das Burgthor, stand an der gegenwärtigen Post und schloß die den Schloßberg hinan führende Straße ab. Das Schloß selbst war noch besonders mit einem tiefen, ausgemauerten Graben rings umgeben, der zwischen der Kirche und dem Schloß durchlief und über den sowohl an der Seite gegen Osten, als an der gegen die Kirche Zugbrücken führten. In dem Schloßgraben wurden früher Bären gehalten und noch wird derselbe bis auf den heutigen Tag der „Bärengraben“ genannt.

Die für einen bedeutenden Theil der Vorstädte ziemlich entlegene Pfarrkirche ist massiv aus grobkörnigem Keupersandstein im germanischen (gothischen) Style erbaut, übrigens nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt, da sichtlich mehreremale zum Theil stylwidrige Veränderungen an ihr vorgenommen worden sind. Am auffallendsten ist dieses der Fall an der Südseite des Langhauses, welche ursprünglich in gleicher Linie mit dem Chor lief und erst später, um mehr Raum zu gewinnen, vorgerückt wurde. Das schöne, ein halbes Sechseck bildende Chor mit Strebepfeilern, zwischen denen hohe, spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster sich


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen099.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)