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122 Ortsbeschreibung.


einer die Emporkirche tragenden hölzernen Säule steht die Zahl 1557. Das Chor, welches ein spitzbogiger Triumphbogen von dem Schiff trennt und um vier Treppen höher liegt als dieses, hat ein schönes Netzgewölbe, an dessen Schlußsteinen in der Reihe von Westen nach Osten folgende Figuren eingehauen sind: 1) das württembergische Wappen, 2) ein Abt mit dem Hirtenstab, 3) Maria mit dem Jesuskinde und 4) ein unbestimmbares Wappen. Zu beiden Seiten des Chors stehen gut geschnittene Chorstühle. Der viereckige an der Nordseite des Schiffs stehende Thurm, dessen Mauern über 5′ dick sind, besteht aus 5 Stockwerken, von denen das oberste gothische Fenster hat, während an den 4 unteren nur schußschartenartige Lichtlöcher angebracht sind. Ungefähr 30′ über der Erdfläche befindet sich der alte rundbogige Eingang; aus diesem sowohl, als aus der ganzen Construction des Thurmes geht hervor, daß derselbe älter als die gegenwärtige Kirche ist. Bei dem Bau letzterer mögen dann auch die gothischen Fenster im obern Stockwerk des Thurmes eingebrochen, oder schon vorhandene in solche umgewandelt worden seyn. Auf dem Thurme sitzt ein Satteldach mit staffelförmigen Giebelseiten, dem erst in neuester Zeit ein schlankes Thürmchen, das übrigens mit dem Ganzen nicht harmoniren will, aufgebaut wurde. Von den drei auf dem Thurme hängenden Glocken ist eine besonders groß und feierlich tönend, sie hat die Umschrift: „Anna Josanna heis ich aus dem Feuer flos ich Friedrich Keßler von Stuogarten gos mich.“ Unter dieser Umschrift ist mit ganz abnormen Zeichen eine Zahl angebracht, die etwa 1552 gelesen werden könnte. Auf der mittleren Glocke steht: „Osanna heis mich in unser Frawen Er leit ich Bernhard Lachmann gos mich 1497.“ Die kleinste trägt die Inschrift: „Christian Ludwig Neubert gos mich in Ludwigsburg anno 1767.“ Die Unterhaltung der, dem heiligen Nicolaus geweihten Kirche, steht der Stiftungspflege zu. Der mit einer Mauer umgebene Begräbnißplatz liegt um die Kirche. Nur etwa 50 Schritte von der Pfarrkirche steht das 1824 neu erbaute Pfarrhaus, dessen Unterhaltung dem Staate obliegt. Das ansehnliche Schulhaus mit Lehrerwohnung, welches 1818 auf Kosten der Gemeinde mit einem Aufwand von etwa 8000 fl. neu erbaut wurde, ist nur durch einen unbedeutenden Raum von der Kirche getrennt. An der Schule unterrichten 2 Schullehrer und 1 Unterlehrer. Eine Industrieschule besteht seit 15 Jahren. In geringer Entfernung vom Schulhause steht an der Hauptstraße das alte Rathhaus. Ein Gemeindebackhaus wurde 1840 erbaut. Außerhalb des Orts an der Straße nach Deufringen liegt die Tuchfabrik und mechanische Wollspinnerei von Lucas Felder; im Ort selbst befinden sich noch


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen122.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)