Seite:OABoeblingen128.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
128 Ortsbeschreibung.


und hohen gothisch gefüllten Fenstern geblieben. Dagegen fehlt den neuen Fenstern des Schiffs jeder architektonische Schmuck und die westliche Giebelseite, an der vier eckige und runde Fenster eingebrochen wurden, ist ein Muster von Geschmacklosigkeit. An einem südlichen Chorpfeiler sind zwei interessante alte Sonnenuhren eingemeißelt. Innen ist die Kirche hell und geräumig, übrigens das flach getäfelte Schiff, wie das Chor, durch Emporkirchen verbaut, in letzteres wurde noch überdieß im Jahr 1846 eine neue gothisch gefaßte Orgel eingezwängt. Sie hat 11 Register und kostete die Gemeinde 700 fl. Das mit einem halben Sechseck schließende Chor hat ein schönes Netzgewölbe, an dessen obern Gurtenkreuzungen in der Reihe von Westen nach Osten folgende Figuren auf den Schlußsteinen angebracht sind: 1) ein Abt mit dem Hirtenstab, 2) die heilige Magdalena, 3) wie Nr. 1. 4) Maria mit dem Jesukinde und 5) Gott Vater, die Weltkugel in der Linken haltend. In die nördliche Innenseite des Chors ist eine sehr kunstreiche marmorne Grabtafel des Pfarrers Johann Thomas Schwarz, der 1616 starb, eingemauert. Der viereckige Thurm mit drei massiven Stockwerken, auf denen ein hölzernes, später aufgebautes Glockenhaus mit sechsseitigem Zeltdache sitzt, steht an der nördlichen Seite der Kirche. Auf ihm hängen drei Glocken, auf der größten stehen die vier Evangelistennamen und 1458, auf der mittleren gegossen in Stuttgart von G. F. Blüher 1785 und auf der kleinsten, die nach den Schriftzügen die älteste ist, die Namen der vier Evangelisten ohne Jahreszahl. Die Unterhaltung der Kirche hat die Stiftungspflege, bei größeren Veränderungen übernimmt die Gemeinde 1/3 der Baukosten. Der mit einer Mauer umgebene Begräbnißplatz, zum heiligen Kreuz genannt, liegt am nördlichen Ende des Orts. Das Pfarrhaus, ein altes, auf massivem Unterstock ruhendes Gebäude, welches übrigens in neuerer Zeit mehrfach verbessert wurde und gegenwärtig in gutem baulichen Zustande sich befindet, liegt von allen Seiten frei, in der Nähe der Kirche. Es war ursprünglich die Burg der Herren von Altdorf (s. unten) und wird noch heute die „Bürg“ genannt. Die Unterhaltung desselben steht dem Staate zu. Die Schule mit Lehrerwohnung wurde vor 38 Jahren mit namhaften Kosten reparirt; an ihr unterrichten 1 Schullehrer und 1 Unterlehrer. Eine Industrieschule, die übrigens nicht von Bedeutung ist, besteht seit 1848. Das alte, sehr geräumige Rathhaus mit einer auf rundbogigen Arcaden ruhenden Vorhalle, wurde nach der Jahrzahl, die oberhalb des mittleren Rundbogens steht, 1628 erbaut und befindet sich, trotz seines Alters, in gutem Zustande. Die Rathsstube, deren Decke von einer schön gearbeiteten, hölzernen Säule unterstützt wird, trägt noch ganz das heimliche, solide


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen128.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)