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172 Ortsbeschreibung.


b) Mauren, ein dem Freiherrn von König gehöriges Schloßgut mit 27 Einwohnern, liegt an einem südlichen Thalabhange gegen die Würm, 1 Stunde südwestlich von der Oberamtsstadt und 3/4 Stunden östlich von seinem Mutterort Ehningen. Das ansehnliche, gelb getünchte Schloß, welches in den Jahren 1615/17 durch den berühmten Baumeister Schickart von Herrenberg in einem einfachen, soliden Styl gebaut wurde, hat auf den Ecken viereckige Thürmchen mit Zeltdächern, die sich erst vom Dachfriese an erheben, übrigens nicht so hoch sind, als das sehr namhafte Walmdach des Schlosses. An der Vorderseite ist ein halbkreisrunder Hofraum angebracht, den ein Staketenzaun von der vorbeiführenden Straße scheidet. Zu beiden Seiten des Schlosses und besonders hinter demselben befinden sich geschmackvolle, terrassenförmige Gartenanlagen mit 2 Bassins, in denen Springbrunnen ihre Strahlen kräftig in die Höhe treiben. Die Kirche, einige Wohnhäuser nebst den namhaften Ökonomie- und Stall-Gebäuden stehen nördlich und westlich vom Schloß auf der andern Seite der Straße, welche zwischen diesen und dem Schloßhof durchführt. Das Ganze gewährt, besonders von der Südseite aus gesehen, eine sehr malerische Ansicht, die in Vereinigung mit dem stillen, abgeschiedenen Charakter der anmuthigen Waldgegend, dem Beschauer einen bleibenden Eindruck zurückläßt. Eine besondere Zierde dieses freundlichen Orts ist die alte, ansehnliche, im germanischen (gothischen) Style erbaute Liebfrauenkirche mit ihren hohen, spitzbogigen, prachtvoll gefüllten Fenstern. Das Chor mit einem halben Sechseck schließend, hat Strebepfeiler und ziemlich schmale Fenster; es scheint älter zu seyn als das Schiff der Kirche, welches nach der über einem Eingang angebrachten Jahreszahl 1556 entweder erbaut oder doch bedeutend verändert wurde. Die westliche Giebelseite hat einen schönen Eingang und über diesem ein großes gothisches Fenster; besonders schön aber ist das Portal auf der Nordseite, das in seinem Bogenfelde geschmackvoll gothisch gefüllt ist. Mit dem Innern der Kirche hat der gegenwärtige Besitzer des Schloßguts eine bedeutende Veränderung vornehmen lassen, indem er, da die Kirche für die kleine Gemeinde zu groß war, das Schiff zu einem Magazin benützte, dagegen den spitzen Triumphbogen zwischen Chor und Schiff zumauern und das Chor zur Kirche herstellen ließ. Das Chor hat ein Kreuzgewölbe mit hochgesprengten Bögen, deren Gurten von Consolen ausgehen, welche theilweise phantastische Fratzengesichter vorstellen. Auf den Schlußsteinen sind auf dem einen das Lamm Gottes, auf dem andern ein Christuskopf dargestellt. In ein Chorfenster sind zwei Glasgemälde, jedoch ohne besondern Kunstwerth, eingelassen. Bei


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen172.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)