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11. Holzgerlingen. 177


übrigen Bau der Kirche nicht im Einklang steht. Im Innern ist sie nicht sehr hell und auch für die stark zunehmende Gemeinde bald nicht mehr geräumig genug. Die flach getäfelte Decke ist bemalt und an den Brüstungen der Emporkirchen sind werthlose Gemälde, Scenen aus der biblischen Geschichte vorstellend, angebracht. Das schöne Chor hat ein mit scharfen Gurten getheiltes Netzgewölbe, an dessen obern Kreuzungen Schlußsteine angebracht sind, die in der Richtung von Westen nach Osten folgende Bilder haben: 1) ein Engel, welcher das Ortswappen, eine weiße Lilie im rothen Felde hält; 2) ein geharnischter Ritter mit einer Fahne, der heilige Mauritius, der Schutzpatron der Kirche; 3) eine schön durchbrochene Rosette und 4) Maria mit dem Christuskinde. Der viereckige, hohe Thurm hat 6′ dicke Mauern und im untern Stockwerk ein Kreuzgewölbe. Im obersten Stockwerke sind rundbogige Schalllöcher, die übrigens erst später eingebrochen oder doch verändert wurden, sonst befinden sich an den Seiten desselben nur schmale, schußschartenartige Lichtlöcher. In den 60ger Jahren des vorigen Jahrhunderts schlug der Blitz in das Dach und verbrannte dasselbe nebst dem ganzen hölzernen Einbau des Thurms; er erhielt dann statt seines früheren Pyramidendachs, auf dessen Ecken je ein kleines Thürmchen stand, ein einfaches ziemlich hohes Zeltdach. Bei diesem Brande schmolzen auch die Glocken auf dem Thurme, daher die jetzt auf ihm befindlichen aus neuerer Zeit sind. Die größte und kleinste davon haben die Umschriften: „Christian Ludwig Neubert goß mich in Ludwigsburg anno 1769,“ auf der mittleren steht: „Christian Ludwig Neubert goß mich in Ludwigsburg anno 1774.“ An die Südseite des Thurms ist das sogenannte Todtenhäusle angebaut, von dem übrigens nur der untere steinerne Stock alt ist. – In der östlichen Wand desselben ist ein Grabstein mit folgender Inschrift eingemauert: „anno domini 1481 am frytag nach oculi starb Ulrich Bönder der hat gestift daß man an Kirmesse alle frytag sollet am Kreuz stehen ..... .“ Die Unterhaltung der Kirche steht der Stiftungspflege zu. Der Begräbnißplatz lag früher um die Kirche, wurde aber 1828 mit einem Aufwand von 1000 fl. auf die östliche Seite des Dorfs verlegt. Das geräumige nur 60 Schritte nördlich von der Kirche gelegene, gelb getünchte Pfarrhaus ist massiv von Steinen erbaut und bildet mit dem Ökonomiegebäude, Garten und ummauertem Hofraum einen stattlichen und zugleich freundlichen Pfarrsitz. Es soll ehedem ein Jagdschloß der Herzoge von Württemberg gewesen seyn. Als das frühere Pfarrhaus wird die gegenwärtig dem Bäckermeister Speidel gehörige Wohnung bezeichnet. Die Unterhaltung des Pfarrhauses hat der Staat zu bestreiten. Südlich der Kirche, an


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen177.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)