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12. Magstadt. 185


spitzbogige, in den Bogentheilen gothisch gefüllte Fenster. Nur an der nördlichen Langseite sind, um der Kirche mehr Licht zuzuführen, runde, mit dem übrigen Baustyl nicht harmonirende Lichtlöcher eingebrochen worden. An der westlichen fensterlosen Giebelseite steht über dem spitzbogigen Eingang: 1511, ohne Zweifel die Zeit der Erbauung, mit der auch die Bauweise übereinstimmt. Im Innern ist die Kirche hell und geräumig; sie erhielt bei einer 1817 mit ihr vorgenommenen Renovation eine weiße Tünchung, die leider alle früheren Wand- und Deckemalereien, besonders die des Chors, bedeckte. Die schön gearbeitete Kanzel ist ganz von Stein und stimmt mit dem Baustyl der Kirche überein. Merkwürdig und von Kunstwerth ist der achteckige, gothische Taufstein, auf dem in sieben Feldern die Sacramente der katholischen Kirche und auf dem achten ein Engel, der das württembergische Wappen hält, in Hautrelief dargestellt sind. Von dem Schiff der Kirche führt ein hoch gesprengter Spitzbogen zu dem Chor, welches fünf hohe gothische Fenster und ein mit stark hervorstehenden Rippen sehr schön construirtes Netzgewölbe hat. An den obern Kreuzungen der Gewölberippen befinden sich schön gearbeitete Schlußsteine, auf denen in der Richtung von Westen nach Osten folgende Bilder angebracht sind: 1) Johannes der Täufer, 2) der heilige Georg, 3) Johannes der Evangelist, 4) der heilige Nicolaus, 5) Maria mit dem Christuskinde und 6) ein Engel mit dem württembergischen Wappen. Im Jahre 1848 wurde gegen alle Regel der Technik und Akustik eine Walker’sche Orgel mit 22 Registern, welche die Gemeinde 3300 fl. kostete, in das Chor eingezwängt und hiedurch demselben das Licht geraubt und seine Schönheiten verdeckt. In der Sacristei steht ein tannener Kasten, in dessen Thüre ein gutes Gemälde auf Holz aus dem 15ten Jahrhundert eingelassen ist, das auf der Vorderseite die Heiligen Antonius den Einsiedler und Paulus Eremita, und auf der Rückseite die heilige Agnes und heilige Ursula darstellt. Der auf der Nordseite der Kirche stehende viereckige, massive Thurm hat drei mit Schußscharten versehene Stockwerke, denen ein hölzernes Glockenhaus mit Satteldach und abgestutztem Giebel aufgesetzt wurde. Auf dem Thurme hängen drei Glocken, von denen die größte und mittlere die Inschriften tragen, „Gott allein die Ehre Goß mich Heinrich Ludwig Goßmann in Magstatt 1706.“ Die kleinste hat die Namen der damaligen geistlichen und weltlichen Behörden und die Jahreszahl 1730. Am unteren Rande steht: „Goß mich Heinrich Ludwig Goßmann und Christoph Zimmermann in Magstatt.“ Die Unterhaltung der Kirche liegt der Stiftungspflege ob. Der Begräbnißplatz lag früher um die Kirche, wurde aber schon 1607 nördlich


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen185.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)