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204 Ortsbeschreibung.


Kirche war ein Stein eingemauert, auf dem drei roh gearbeitete männliche Figuren halb erhaben abgebildet waren, welche von dem Volke für die drei Weisen aus dem Morgenland gehalten wurden. Obgleich derselbe ein grobkörniger, beinahe unverwüstlicher Keupersandstein war, so hatte doch der Zahn der Zeit die Figuren beinahe unkenntlich gemacht, was einen Beweis für das hohe Alterthum des Bildes liefert. Bei näherer Untersuchung desselben und namentlich bei Vergleichung des nur 1/2 Stunde nordöstlich von Schönaich gefundenen römischen Denksteins (s. den allg. Theil), mußte aber der Kenner auch dieses Bild für römisch erklären, es ist daher sehr zu bedauern, daß dieses Alterthum nebst den Grabdenkmalen bei dem Neubau der Kirche nicht erhalten wurden. Der Begräbnißplatz, welcher früher um die Kirche lag, und mit einer 4′ dicken mit Gängen und Schußscharten versehenen Mauer umfriedigt war, ging bei dem Kirchenbau ein und ein neuer, ebenfalls mit einer Mauer umgebener, wurde an der westlichen Seite des ehemaligen Kirchhofes mit einem Aufwand von 2200 fl. angelegt. Das gelb getünchte Pfarrhaus nebst Scheune, Waschhaus, Gemüse- und Gras-Garten liegt nur 75 Schritte von der Kirche entfernt an einer Hauptstraße des Orts und befindet sich in gutem baulichen Zustande. Die Unterhaltung desselben steht dem Staate zu. Im Jahre 1828 wurde auf Gemeindekosten mit geringem Beitrage der Stiftungspflege ein neues Schulhaus mit Lehrerwohnung erbaut. Es ist ein freundliches, nicht nur von außen schönes, sondern auch in seinem Innern zweckmäßig eingerichtetes Gebäude, welches von drei Seiten frei nordöstlich der Kirche liegt. An der Schule unterrichten 1 Schulmeister, 1 Unterlehrer und 1 Lehrgehilfe. Seit 1837 besteht mit gutem Fortgang eine Industrieschule. Das schon ziemlich alte Rathhaus steht an einer Kreuzstraße im nordwestlichen Theile des Orts.

Die Einwohner, welche sich einer dauerhaften Gesundheit und häufig eines hohen Alters erfreuen, sind körperlich ansehnlich und wohlgebildet, besonders zeichnet sich das weibliche Geschlecht durch seine Gesichtszüge aus. Die Schönaicher haben etwas Eigenthümliches in ihrem Äußeren und repräsentiren mehr noch einen besonderen Stamm, so daß man sie leicht von den Bewohnern der Nachbarorte unterscheiden kann. Ihr Charakter ist einfach, offen, theilnehmend, gutthätig, dabei fürchten sie öffentliche Schande und sind sehr kirchlich gesinnt. Einen Beweis für ihren religiösen Sinn liefert ihr mit namhaften Opfern hergestellter Kirchenbau, der als ein erfreuliches Beispiel der Neuzeit, in der man so häufig im nichtssagendsten Style Gotteshäuser baut, dasteht. Einer besonderen Erwähnung verdient der im Jahre 1839 von dem


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen204.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)