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17. Sindelfingen. 211


versehenen Dreiviertelssäulen tritt je ein Stück Pfeilergesims hervor. Die Seitenschiffe mit hohen rundbogigen Fenstern sind etwa um die Hälfte niederer als das mit kleinen Rundbogenfenstern versehene Mittelschiff und haben, wie dieses, eine flache Decke. Die ursprünglichen Fenster an dem südlichen Seitenschiff sind zum Theil in oblonge verwandelt worden. Von den mit Halbkuppel-Gewölben gedeckten Absiden hat die mittlere 3 spitzbogige Fenster, die, wie es scheint erst später in solche verändert wurden, die beiden Seitennischen dagegen haben je 1 rundbogiges, in der ursprünglichen Gestalt erhaltenes Fensterchen. Der aus grobkörnigem Keupersandstein in Form eines Tisches gefertigte Altar, mit einer einfachen, auf 4 runden schmucklosen Säulen ruhenden Steinplatte, hat zwar durchaus keinen Kunstwerth, ist aber wegen seiner Einfachheit und ursprünglichen Form, wie sie zur Zeit der Einführung des Christenthums üblich war, einer der interessantesten in Württemberg. In der Mitte der Altarplatte befindet sich eine oblonge, gegenwärtig zugemauerte Öffnung, unter der früher der Reliquienkasten (sepulcrum) angebracht war. Die in germanischem Styl gehaltene Kanzel gehört einer spätern Periode an. Im Jahre 1829 erhielt die Kirche eine von Walker in Ludwigsburg gefertigte vortreffliche Orgel, welche die Gemeinde gegen 5000 fl. kostete. Von den Wandgemälden müssen namentlich die 12 Apostel, welche über den Arcadenbögen mehr als lebensgroß angebracht waren, von Kunstwerth gewesen seyn, was noch einige schwache unter der Tünchung hervorstechende Umrisse sichtlich nachweisen. Es wäre wohl der Mühe und der Kosten werth, wenigstens von einigen dieser Bilder die Übertünchung wegnehmen und sie wieder herstellen zu lassen. – Sonst hat die Kirche in ihrem Innern nichts Interessantes. Die weißen Wände dieses, seines früheren Schmucks gänzlich beraubten Tempels sind kahl und kalt und nur die Großartigkeit, verbunden mit der einfachen, alterthümlichen Architektur desselben, sowie der Gedanke, hier einen bald 800jährigen Bau vor Augen zu haben, vermögen noch den Beschauer in eine tiefe ernste Stimmung zu versetzen. An der nördlichen Seite ist die massive mit einem Kreuzgewölbe versehene Sacristei angebaut, in der 2 im Renaissancestyl gehaltene Kästen bemerkenswert sind. Das Äußere der Kirche ist ebenso einfach wie das Innere, die glatten Wände des Schiffs haben außer den Rundbogenfriesen unter den Dachgesimsen, keine Verzierungen. An den Dachfriesen der Absiden fehlen diese Rundbögen und nur eine schmale Verzierung von neben einander gestellten, die Ecke gegen Außen gekehrten Würfeln ziehen unter diesen hin. Dagegen laufen Halbsäulen an ihnen hinauf, welche


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen211.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)