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17. Sindelfingen. 223


und einen Gerbgang treibt, übrigens öfters wegen Mangels an Wasser seinen Dienst versagt. c) Die Riethmühle liegt eine ½ Stunde südwestlich von der Stadt am Rande eines weit gedehnten moorigen Wiesengrunds (Ried), daher ihr Name. Sie hat 2 Mahlgänge und 1 Gerbgang, die das ganze Jahr hindurch von der Schwippe in Thätigkeit erhalten werden.

Auch in der Gegend um Sindelfingen hatten sich die Römer an mehreren Punkten wohnlich niedergelassen, was entschiedene, von ihnen noch zurückgebliebene Spuren hinlänglich nachweisen (s. hierüber den allgemeinen Theil). Von besonderer Erheblichkeit muß die römische Niederlassung „auf Aldingen,“ nur einige 100 Schritte südlich von Sindelfingen, gewesen seyn, da gerade auf dieser Stelle mehrere Straßen zusammenlaufen, was die Wichtigkeit des Wohnplatzes am sichersten beurkundet. Schon die Benennung Aldingen (Altingen) deutet auf ein hohes Alter hin und scheint hier ganz analog zu seyn mit Altenburg bei Canstatt, wo bekanntlich eine ausgedehnte römische Niederlassung stand. Zunächst Aldingen, auf Hurnach, fand man ebenfalls Überreste aus der Römerzeit und nordwestlich an Hürnach angrenzend lag der längst abgegangene Ort „Ensingen,“ der ohne Zweifel auch römischen Ursprungs ist. Weitere Spuren von römischen Wohnorten wurden entdeckt: auf dem Flurdistrikte „Todwar“ ¾ Stunden westlich von Sindelfingen und beim sogenannten „Schelmenthörle“ ½ Stunde nördlich der Stadt, letztere Stelle liegt übrigens schon auf Maichinger Markung. Außer diesen Punkten haben sich auf der Markung noch mehrere Flurbenennungen erhalten, die auf ehemalige Wohnplätze schließen lassen, von denen übrigens, da alle Spuren aus früherer Zeit bis jetzt fehlen, nicht nachgewiesen werden kann, in welcher Periode sie bestanden haben; z. B. ½ Stunde nordwestlich von Sindelfingen „Hinter Weil“ östlich von dieser Stelle „zu Sommerhofen,“ westlich von Aldingen „Hofstetten“ und endlich deutet der erst vor kurzem abgegangene Hinterlinger See auf einen Wohnort Namens Hinterlingen hin. Unfern dieses Hinterlinger Sees befinden sich in den Fuchsbergen mehrere Grabhügel, die nach den Untersuchungen des Verfassers für germanisch erklärt werden müssen; ähnliche Grabhügel kommen nicht weit von dieser Stelle auch in der Winterhalde vor, wir dürfen daher hier eher einen Wohnplatz aus der früh alemannischen Zeit vermuthen. Vor etwa 10 Jahren wurde auch in der Stadt ein altes, in den Lehm eingesetztes Steingrab aufgedeckt, das ein männliches Gerippe mit starkem Knochenbau enthielt, an dessen Armknochen in der Nähe der Handwurzel broncene Ringe waren.


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen223.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)