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230 Ortsbeschreibung.


besteht seit 1843 und eine Kleinkinderschule, die sich im ehemaligen Rathhaus befindet, seit 1845. Ein Gemeindebackhaus wurde mit dem Cameralamtsgebäude erkauft.

Die Einwohner deren Zahl 2474 beträgt, von denen sich 2453 zur evangelischen und 21 zur katholischen Confession bekennen, sind trotz ihres Fleißes in ihren Vermögensumständen so zurückgekommen, daß die Mehrzahl unbemittelt ist. Sie sind kräftig und erfreuen sich einer dauerhaften Gesundheit, wozu die Luft, welche vermöge der hohen freien Lage und der Nähe der Schönbuchswaldungen sehr rein und gesund ist, viel beiträgt.[1] Das Klima ist im Allgemeinen mild, und an den südlichen Abhängen wärmer als z. B. in Holzgerlingen und Böblingen. Wein, Welschkorn, Bohnen, Gurken etc. gedeihen an gutgelegenen Stellen, dagegen sind in den Thälern Frühlingsfröste häufig. Die Ernte tritt 8–10 Tage später als im Unterlande und zu gleicher Zeit wie in Böblingen ein. Von schädlichen Gewittern wird die Gegend selten heimgesucht, da der westlich gelegene bewaldete Höhenzug eine Wetterscheide bildet, welche die Gewitter entweder dem Neckarthale oder der Ebene bei Böblingen zuweist; wenn sie sich aber nicht abweisen lassen und in die Gegend fallen, werden sie um so gefährlicher. Die Feldmarkung ist mit Ausnahme der Gehänge gegen das Schaich- und Todtenbach-Thal beinahe eben und hat auf dem Plateau einen starken etwas kalten, fruchtbaren Lehmboden, dessen Unterlage Letten (Thon) oder Liaskalk ist. An den Abhängen schlägt der Thon und Mergel vor und an den tieferen Stellen, wo der grobkörnige Keupersandstein ansteht, tritt häufig ein Gemenge von Lehm und Sand auf. Die Hauptnahrungsquellen der Einwohner bestehen in Feldbau, Viehzucht, Holzhandel und etwas Gewerbe. Ersterer wird mit viel Umsicht betrieben und mehrere Landwirthe, namentlich auch der Ortsvorstand Wacker, gehen mit gutem Beispiel voran. Der Brabanter Pflug ist allgemein und zweckmäßig angelegte Düngerstätten kommen immer mehr in Aufnahme. Als Bodenbesserungsmittel werden außer dem gewöhnlichen Dünger die Jauche und etwas Gyps angewendet. Im üblichen Dreifelder-System baut man die gewöhnlichen Cerealien, von denen Dinkel, besonders sogenannter Vögelesdinkel, und Haber am besten gedeihen. In der beinahe ganz angeblümten Brache pflanzt man Kartoffeln, Futterkräuter, Kraut, Hanf,


  1. Im 16. Jahrhundert, während zu Tübingen die Pest wütete, flüchtete ein Theil des Hofgerichts und der Universität hieher. Noch zeigt man gewisse Häuser, unter dem Namen Pesthäuser, wo Sitzungen gehalten und die Vorlesungen fortgesetzt wurden.
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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen230.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)