Seite:OABrackenheim0085.jpg

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nahe, daß territoriale Einflüsse, zusammenhängend mit Clima, Lage, Boden u. s. w. der Wohnplätze, im Allgemeinen der Gesundheit nicht zuträglich seien und demgemäß zahlreiche Erkrankungen produziren. Dem ist aber nicht so. Hier, wie anderwärts, pflegten die Menschen im Thale sich anzusiedeln, um das zum Leben nothwendige Nahrungs- u. s. w. Mittel, das Wasser möglichst nahe zur Hand zu haben. Wenn aber dessen Nähe allerlei, der Gesundheit nicht förderliche, Folgen nach sich zog, so kann man doch nicht sagen, daß dieß im Bezirke Br. in höherem Grade als in andern Gegenden der Fall wäre. Man darf als Beleg hiefür offenbar die Thatsache anführen, daß in unserem Bezirke wirklich nicht auffallend viele Krankheiten vorkommen, daß zumal keine Krankheiten dem Bezirke oder einzelnen Orten eigenthümlich wären, in ihnen besonders häufig oder anhaltend oder hochgradig sich zeigten. Dieß gilt von akuten, wie von chronischen Krankheiten. Wenigstens werden andere Bezirke und Ortschaften nicht minder als bei uns ab und zu von akuten Exanthemen durchseucht, Diphtheritis hat die Runde im ganzen Lande gemacht, der Immunität gegen Typhus haben sich gar manche Orte ebensowenig zu erfreuen. Zudem ist es wiederholt gelungen, da, wo letztere Krankheit in ungewöhnlicher Verbreitung auftrat, einen unwiderleglichen Causalzusammenhang mit dem Genuß eines, durch faulige Stoffe vergifteten Trinkwassers nachzuweisen, einer Schädlichkeit, deren Bedeutung interessante Beobachtungen in Stuttgart im letzten Jahre gelehrt haben (wo in den Häusern, welche ihr Trinkwasser aus einer Brunnenleitung bezogen, in welche von einer Wiese in der Nähe des sog. Vogelsangs Kloakenflüssigkeit eingedrungen war, Typhuserkrankungen vorkamen, während solche nicht beobachtet wurden in andern Häusern desselben Stadttheils, die ihr Wasser anderswoher bezogen). So hat sich vor einigen Jahren in dem Dorfe Meimsheim aufs Evidenteste gezeigt, daß in dem sonst gesunden Orte, wo zumal in einem bestimmten Theile Haus für Haus Typhusfälle, zum Theil schwerer Art und mit tödtlichem Ausgange, innerhalb kurzer Zeit aufzuweisen hatte, diese nur die Anwohner eines bestimmten Brunnens betrafen, welcher bei der Besichtigung sofort ergab, daß Jauche aus einer, auf der andern Seite der Straße befindlichen Dunglege in ihn eingedrungen war. Der Oberamtsarzt, der hier in Meimsheim diese Wahrnehmung gemacht und die Beseitigung des Übelstandes veranlaßt hatte, war kurz darauf in der Lage, auch in Cleebronn für dieselbe, dort gleichfalls Fuß fassende, Krankheit das nämliche ätiologische Moment festzustellen und nach Reinigung u. s. w. hauptsächlich von ein paar dortigen Brunnen die Krankheit aufhören zu sehen. Wenn seit ein paar Jahren das Sterbregister von Hausen b. M. ziemlich regelmäßig unter der Rubrik: „Krankheit oder Todesursache“ den Eintrag: „Typhus oder Nervenfieber“ mehrfach bringt, so haben

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0085.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)