Seite:OABrackenheim0163.jpg

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Waldgebirge blickt man bis hinauf nach Sternenfels, wo das Thal sich zusammenschließt.

Wegen dieser Reize ist der Friedhof ein beliebter Spaziergang der Brackenheimer, und ein schöner geplatteter Weg führt dahin.

Die Johanniskirche, früher die Pfarrkirche, zeigt noch, wenn auch ziemlich verdeckt, ihre ursprüngliche Anlage als dreischiffige romanische Basilika; freilich verstecken sich jetzt die Fenster ihres Mittel-(Hoch)schiffes, der sog. Lichtgaden, unter den Dächern ihrer Seitenschiffe; man sieht noch auf den Dachböden in langer Reihe die alten tiefeingeschrägten Rundbogenfenster. Ebenso kann man noch, wenn auch schwer, an der Westseite die Kanten des Hochschiffes erkennen, das einst über die halb so hohen Abseiten emporragte. Auch erblickt man hier noch die alte romanische Sockelwulst, sowie als Eingang ins Mittelschiff das zartgegliederte romanische Rundbogenportal, zu beiden Seiten von schlanker Säule gefaßt, die ein hübsches Blätterkapitell im Geschmack des Maulbronner Paradieses (1200–1220) zeigt. Über dem Portal ist ein uraltes Fratzenbild, das die Füße hinaufzieht und die Arme in die Hüften stemmt, eingemauert; weiter oben im flachen, auch noch ursprünglichen Giebel ein schlankes Rundbogenfenster.

Je ein spitzbogiger Eingang führt von Norden und Süden her in die Seitenschiffe, und in die Wand des südlichen sind zwei schöngefüllte spätgothische Spitzbogenfenster eingebrochen. Der rechteckige, an den Langseiten von je einem Strebepfeiler gefaßte Chor stammt aus frühgothischer Zeit und macht mit seinem schöngefugten Quaderwerk, seinen ernsten und schlanken Verhältnissen und seinen fein ausgegliederten schmalen Spitzbogenfenstern einen bleibenden Eindruck; seine westliche Hälfte bildet zugleich das untere Geschoß des Thurmes, der jünger ist und achteckig, von schönen spätgothisch gefüllten Schallfenstern durchbrochen wird und in ein achtseitiges Zeltdach ausgeht. An seinem Achtecksgeschosse stehen groß eingemeißelt Bibelsprüche in hebräischer und in griechischer Sprache. Gegen Osten (hebr.): In deinem Lichte sehen wir das Licht. Gegen Süden (hebr.): Deine Todten werden leben. Gegen Abend (griech.): Ich lebe und ihr sollt auch leben. Gegen Norden (griech. und deutsch): Ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, wird offenbar werden, so werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in der Herrlichkeit.

Die Glocke auf dem Thurm ist sehr alt und ohne Inschrift; am Glockenstuhl steht: Heiligenpfleger Gottlieb Beuttner 1772. Christian Ulerich Sihler.

Die Sakristei, südlich am Chor, ist genau so alt wie dieser und von einem Rippenkreuzgewölbe mit ganz demselben Rosettenschlußstein bedeckt. Das Innere der Kirche zeigt noch deutlicher die

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0163.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)