Seite:OABrackenheim0239.jpg

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sich die Kirche, das Pfarrhaus, und was von dem ehemaligen Frauenkloster noch übrig blieb. Der ziemlich unebene Ort, den die von Brackenheim nach Güglingen führende Landstraße durchschneidet, macht, weil manche seiner Häuser, namentlich an der Hauptstraße, in etwas vernachlässigtem Zustande sind, keinen besonders ansprechenden Eindruck. Die Aussicht von den hochgelegenen Punkten des Ortes und der Markung aus ist gerade nicht sehr weit, aber gegen Osten, Süden und Westen äußerst lieblich; denn man befindet sich hier so recht in der Mitte des gesegneten, obst-, wein- und waldreichen, mit blühenden Städtchen und Ortschaften belebten und mit altersgrauen Burgruinen bekrönten Zabergaues. 1

Die einst dem h. Martin geweihte Kirche liegt etwas getrennt vom Ort, an dessen nordwestlichem Ende, und wird von dem noch ummauerten Friedhof umschlossen; sie stammt aus romanischer Zeit, dem Stil nach aus dem Ende des zwölften und Anfang des dreizehenten Jahrhunderts, und hat im Osten einen starken, mit seinem ersten Geschosse den Chor vertretenden Thurm. Ihr Schiff wurde einst von sehr zierlichen romanischen Kleeblattfenstern erhellt, von denen sich in der Süd- und Nordwand je eines erhalten hat, sonst sind leider lange moderne Flachbogenfenster, wahrscheinlich ums Jahr 1600, eingebrochen. An dem Fenster der Südseite sieht man noch alte romanische Skulpturen, oben einen menschlichen Kopf, links davon einen verschlungenen Drachen und rechts wieder einen menschlichen Kopf, der ein palmettenartiges Blatt im Munde trägt. An der kahlen Westseite sitzt über der (ursprünglichen) Rundbogenthüre ein gutgearbeiteter romanischer Löwe, und auf dem Giebel ein Steinkreuz. Ganz aus der alten Zelt stammt auch noch der Thurm, der sich im ersten Geschoß gegen Osten mit einem Kleeblattfenster öffnet und im zweiten von schönen rundbogigen Doppelfenstern durchbrochen wird, deren Bögen auf weit ausladendem Aufsatz und dieser auf stark verjüngter Säule ruhen. Die Säulen haben sehr steile attische Füßchen mit Eckknollen und einfache Blätterkapitelle. Auch sieht man auf dem Dachboden der Kirche noch das ursprüngliche am Thurm hinlaufende Dachschrägegesims, welches beweist, daß das frühere Dach nur bis zum Anfang des zweiten Thurmgeschosses ging. Im Innern ist das Schiff flachgedeckt, der Triumphbogen halbrund, darüber eine schwörende Hand eingemauert; der Altar soll dadurch zur Freistatt erklärt worden sein. Der Chor (im Thurm) hat ein hohes kraftvolles romanisches Rippenkreuzgewölbe, das von vier in den Ecken stehenden stämmigen Säulen ausgeht, diese wieder mit attischen Basen mit Knollen und mit schlichten Blätterkapitellen; auch beginnen sie erst 6′ über dem Boden und es scheint, daß sich früher eine Art Krypta im Thurm befand. Die Gewölberippen bestehen aus zwei starken Wulsten, die eine Diamantenreihe zwischen sich lassen und oben

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0239.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)