Seite:OABrackenheim0338.jpg

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auf zwei hohen ganz eigenthümlich gebildeten kraftvollen Tragsteinen, die reiche Palmetten über sich haben. Unter diesem Gemach sind in zwei Geschossen die Verliese und von ihm aus führt an der Nordwestecke in der Mauerdicke eine steinerne Treppe, theils gewunden theils in Winkeln gebrochen, empor. An ihrem Anfang bemerkt man innen rechts vom halbrunden Eingangsbogen eine Konsole, die auffallender Weise die beiden von sich abgekehrten Magenheimschen Halbmonde zeigt, und neben der Konsole links ist in kleinerem Maßstab ein steinerner Ring (das Wappen der Neipperg hat drei solcher Ringe) ausgemeißelt. Ganz dieselbe Halbmondkonsole schmückt, nur in hundertfacher Wiederholung, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts in dem nur sechs Stunden entfernten Kloster Maulbronn ausgeführten Bauten, nämlich die Vorhalle der Kirche, den Südflügel des Kreuzganges und das Sommerrefektorium, drei der herrlichsten Bauwerke weit und breit, im reichsten Übergangsgeschmack vom Rundbogen- zum Spitzbogenstile gehalten; und gerade an unserem Thurme öffnen sich in seinem obersten (dritten) Geschosse gegen Süden zwei große Säulenfenster, wieder ganz in dem glänzenden Stil jener Maulbronner Bauten. Das zweite Geschoß wird von einem auf starken romanischen Kämpferwulsten ruhenden Tonnengewölbe bedeckt, hat schöne tiefeingeschrägte, schon etwas spitzbogige Fensterchen, und gegen Osten eine steinerne, halbrund hinaustretende, hübsch ornamentirte Abtrittsnische. Das schon genannte dritte, oberste, auch von einem Tonnengewölbe bedeckte Geschoß hat gegen Süden jene zwei prächtigen Bogenfenster, innen mit Halbsäulen besetzt und in der Mitte von einer Säule getheilt. Die Säulen haben herrliche Blätterkapitelle und sehr schöne, auch in weich geschwungenen Blättern sich entwickelnde Eckknollen an ihren Füßchen. Auf der Plattform des Thurmes, die noch die alten Zinnen trägt, erhielt sich noch der ursprüngliche Schlot des Kamines, als ein mit sehr zierlichem steinernem Kreuzdach sich erhebendes Thürmchen, das an die mit lilienartigem Kamm bekrönten Strebepfeiler der schon genannten Vorhalle der Maulbronner Kirche erinnert. Der Thurm und das Kamin haben folgende spätromanische Steinmetzzeichen:

Der Thurm ist bis zur Kaminspitze 126 F. hoch und man genießt von ihm eine entzückende Aussicht an den ganzen Stromberg, vom Michaelsberg bis Sternenfels, dann erblickt man einen Theil der schwäbischen Alb, die Solitude, den Asperg, die Löwensteiner Berge, den Wunnenstein, Heilbronn und die Heilbronner Berge, den Odenwald und ganz in der Nähe die malerische Burg Stocksberg.

Der andere auch viereckige Bergfried steht ganz vereinzelt an

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0338.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)