Seite:OABrackenheim0360.jpg

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Die Muttersprache dieser Einwanderer war ein italienischer Dialekt, welcher in der Gegend von Turin und in den piemontesischen Thälern damals gesprochen wurde, allein das französische war ihnen auch bekannt, und da keine Geistliche zu bekommen waren, um in der Muttersprache zu predigen, so wurde die französische Sprache die Kultussprache und auch in der Schule die Interpretationssprache. Doch wurden gewöhnlich nur die fähigeren Köpfe derselben mächtig, ein großer Theil verstand das französische nur schlecht, und sprach nach den Schuljahren wie früher in den Kinderjahren sein Patois, das durch die Länge der Zeit in ein unangenehmes Gemisch von Italienisch, Französisch und Deutsch überging, heutzutage aber nur noch von älteren Personen gesprochen wird, indem die Sprache des Orts jetzt die schwäbische geworden ist.

Nachdem auf einer Versammlung der Reformirten anerkannt worden war, daß in Rücksicht auf Glauben und Lehre kein wesentlicher Unterschied zwischen Lutheranern und Reformirten bestehe, und daß namentlich die Lehre von der unbedingten Gnadenwahl als antiquirt und vergessen ganz bei Seite gesetzt werden könne, wurden durch königliche Verordnung vom 7. Sept. 1823 die reformirten Kirchengemeinden des Landes mit der lutherischen Kirche vereinigt, dabei insbesondere der Gebrauch der französischen Sprache in Kirche und Schule abgeschafft, die Ernennung von Pfarrer und Schulmeister, welche bis dahin der Gemeinde zugestanden, der Regierung anheimgegeben. Die Beibehaltung ihres Ritus beim Abendmahl wurde den Waldensern jedoch zugesichert. – Der erste lutherische Pfarrer dahier wurde im J. 1826 ernannt.

Im Verlaufe der Zeit siedelten sich auch Lutheraner im Orte an, welche bis zur Vereinigung der reformirten Kirche mit der lutherischen nach Nordheim eingepfarrt waren.

Die erste Kirche wurde ganz, die jetzige zum Theil durch milde Beiträge meist reformirter Glaubensgenossen aufgebaut. Hand- und Frohnarbeiten, die Fuhren zur Herbeischaffung der Materialien nebst ungefähr 1000 fl. in baarem Geld leistete die Gemeinde selbst.

Am hiesigen kleinen Zehenten hatte die Pfarrei 9/16, schon von einer Schenkung des Herzogs Eberhard Ludwig herrührend, die Deutschordenskommende in Heilbronn, in der Folge der Staat Württemberg 4/16, das Hochstift Worms, beziehungsweise das Großherzogthum Hessen und dessen Rechtsnachfolger, die Bubsche Handelscompagnie in Heilbronn 3/16; der kleine Novalzehente stand allein der Pfarrei zu.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0360.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)