Seite:OABrackenheim0362.jpg

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Rococostil massiv erbautes Gebäude von schloßartigem Aussehen mit reichverziertem Eingange, dem man seine frühere Bestimmung wohl ansieht; es wurde nämlich 1762/63 nicht blos zur Pfarrwohnung erbaut, sondern es sollte den Worms’schen Beamten, die wegen der Verwaltung der Gefälle zeitweise in den Ort kommen mußten, ein Absteigquartier bieten; und dem Pfarrer wurde nur das Parterrelokal und erst später das ganze Gebäude zur Bewohnung überlassen. Die Unterhaltung liegt der Gemeinde ob. Das bei der Kirche stehende Schulhaus wurde 1804 erbaut und enthält außer 3 Lehrzimmern die Wohnungen der beiden an der Schule unterrichtenden Lehrer, überdieß ein Zimmer für einen etwaigen Lehrgehilfen. Das Rathhaus, ein altes, schon 1593 (diese Zahl steht am Eingang) erbautes Gebäude, mit einem Dachreiter auf dem First, das bei der französischen Invasion 1693 und 94 theilweise durch Brand zerstört wurde, ist 1722 erneuert und 1863 bedeutend verbessert worden. Es bildete einst unten eine weite offene von einer hölzernen Mittelsäule gestützte Halle, die sich gegen außen mit großen jetzt meist vermauerten Rundbögen öffnet. Überdieß sind noch als öffentliche der Gemeinde gehörige Gebäude zu nennen: eine Kleinkinderschule, ein Backhaus mit 3 Öfen, eine Kelter mit 4 Bäumen, ein Armenhaus, ein Schafhaus und eine Gemeindescheune. Dann ist zu bemerken das an der Südseite des Ortes stehende schöne steinerne Haus des Herrn Generalkonsuls (von) Seybold, an das sich ein trefflich gepflegter Garten anschließt. Durch den Ort führt die Heilbronn–Brackenheimer Landstraße, ferner sind Vicinalstraßen nach Groß-Gartach, Lauffen und eine vortrefflich unterhaltene zu der Eisenbahnstation angelegt. Eine steinerne Brücke führt über den Breibach am Hauserweg und eine doppelte Durchlaßdohle an der Straße nach Lauffen, ferner sind einige Durchlaßdohlen und 3 hölzerne Stege mit steinernen Stützmauern über den Katzenbach angelegt; sämtliche Brücken, Stege etc. sind von der Gemeinde zu unterhalten.

Mit gutem Trinkwasser, das ein laufender, 11 Pump- und ein Schöpfbrunnen liefern, ist der Ort hinreichend versehen; überdieß fließt der Katzenbach zunächst am Ort vorüber und nimmt unterhalb desselben den ebenfalls über die Markung fließenden Breibach auf, um sich alsdann bei der Eisenbahnstation mit dem an der östlichen Markungsgrenze hinfließenden Neckar zu vereinigen. Auch die Markung ist reich an guten Quellen, von denen der Salzbrunnen, in welchem der Katzenbach entspringt, und der Gräfenbrunnen die bedeutendsten sind. Früher bestand in den nordwestlich vom Ort gelegenen Seewiesen ein See.

Die meist körperlich kräftigen Einwohner, von denen gegenwärtig 6 über 80 Jahre zählen, sind geordnet, fleißig und befinden sich in ziemlich guten Vermögensverhältnissen, indem die Begütertsten 54–82

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0362.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)