Seite:OABrackenheim0388.jpg

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Pfaffenhofen,
mit Rodbachhof, Weiler, und Bogersmühle, Haus,
Gemeinde II. Kl. mit 992 Einw., wor. 1 Kath. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Stockheim eingepfarrt. 13/4 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.

An der Stelle wo von Süden her das Rodbachthälchen, von Norden das Biesbachthälchen in das Zaberthal eingehen, liegt sehr freundlich der ansehnliche, gedrängt gebaute Ort, an dessen Nordseite die Steilgehänge des Heuchelbergs ganz nahe herantreten, während auf der Südseite der Stromberg etwa 1/2 Stunde vom Ort entfernt bleibt und nur seine flachen Ausläufer gegen denselben sendet. Viele Gebäude sind noch alt und groß (mit kleinen Scheunen) und zeigen einen starken Eichenholzbau, während die neueren Häuser kleiner und aus Tannenholz aufgeführt sind. An mehreren Häusern finden sich Inschriften aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Ort war von einer Mauer und Doppelgräben umgeben; an der Mauer standen Thürme, von denen sich nur ein Halbrondel an der nordöstlichen Ecke der Ortsmauer im jetzigen Pfarrgarten noch erhalten hat. Die Ortsmauer wurde 1817 bis auf wenige Reste an der Nordseite des Orts und am Pfarrgarten abgetragen. Eine in der Mauer am Pfarrgarten angebrachte, früher an einem der Thürme befindliche Inschrift:

„1460 hat angefangen balthasar murer dise muren um das dorf und ist usgemacht in dem iar 1470“,

berichtet uns die Zeit der Ortsumfriedigung. Der Ort hatte drei Thore, das untere Thor an der Südseite, das obere Thor an der Westseite und das Zeilthor an der Nordseite. Durch den östlichen und südlichen Theil des Dorfes führt die gut unterhaltene Landstraße von Güglingen nach Sternenfels, auch die übrigen Ortsstraßen befinden sich in angemessenem Zustande.

Die Kirche erhebt sich auf dem einst festen Friedhof am Nordostende des Dorfes und stammt mit ihrem östlich stehenden Thurme noch aus frühgothischer Zeit, während ihr Schiff von dem berühmten Baumeister Heinrich Schickhardt 1611–12 in einem mit Renaissanceformen vermischten spätesten und schlaffsten gothischen Stil umgebaut wurde; dieses hat breite, einst gefüllte Spitzbogenfenster und wird von einem hölzernen Tonnengewölbe überdeckt; der Westgiebel ist mit Obelisken und einem gothischen Fischblasenmaßwerk geziert. An der Südseite sieht man an einem spitzbogigen Eingang Mayher 1453, über einem andern die Jahreszahl 1611, und eine Steintafel folgenden Inhalts:

Der Baw wie da vor augen staht
Erweittert ist mit meinem Raht
Von Lasten gut zu Gottes Ehr
Daß darinn werdt die Göttlich Lehr

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0388.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)