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schlanke verschieferte Eckthürmchen und in einen hohen auch mit Schiefer bedeckten achteckigen Helm aus. An die Nordseite des Chores war früher die alte gothische Sakristei angebaut, von der sich noch Spuren von Gewölbansätzen erhalten haben; nördlich stößt an den Thurm das alte tonnengewölbte Archiv, und nördlich an das Seitenschiff die jetzige Sakristei, auch von der Hand Sporers, mit geradgestürzten Fensterchen.

Vor der Kirche stehen zwei Lindenbäume, und an der Südseite des Chores ist ein freundliches Gärtchen angelegt. Am Thurm und an der Nordseite der Kirche finden sich spätromanische Steinmetzzeichen.

Im Innern der Kirche überrascht die so wohlthuende und bedeutende Weitung des jetzigen Hauptschiffes und Chores, die durch die Kapellenreihen auf beiden Seiten noch gesteigert wird. Schiff und Chor sind mit reichen Netzgewölben bedeckt, von deren zahlreichen Schlußsteinen Heiligenbilder herabgrüßen; und ferner sind an den Pfeilern, da wo an ihnen das Netzgewölbe des Schiffes beginnt, die ausdrucksvollen Brustbilder der zwölf Apostel in hübschen Baldachin-Nischen angebracht. Die Gewölbe zwischen den Pfeilern sind noch prächtiger gehalten und bilden die zierlichsten mit einer Menge von Schlußsteinen und Wappenschildchen besetzten Sterngewölbe. Das Schiff besitzt 18 Schlußsteine, worunter 12 mit aufgemalten Heiligen; der Chor 10 ausgemeißelte und bemalte Schlußsteine, mit den Wappen der Neipperg, der Lichtenstein (?), dann mit S. Anna, Wolfgang, Veit, Johannes d. T., Katharina, Barbara, Maria und dem auferstandenen Christus. Über dem Triumphbogen steht die Jahreszahl 1515. Das plattabgedeckte Seitenschiff, die sog. alte Kirche, zeigt Ansätze zu einem Rippenkreuzgewölbe.

Die Orgel steht auf der im Westen sich erhebenden steinernen Empore, deren gothisches Netzgewölbe von zwei schönen originellen Renaissancesäulen getragen wird.

Im Jahre 1856 wurde die ganze Kirche in tüchtiger Weise erneuert, was man namentlich der Munificenz Ihrer K. Hoheit der Frau Prinzessin Marie von Württemberg verdankt; unter den Triumphbogen wurden ein neuer gothischer Altar, und ins Chor hübsche gothische Stühle gestellt. An der Südwand des Chores sieht man folgende Inschrift:

Der Chor dieser Kirche ward für unsern heiligen evangelischen Gottesdienst hergestellt von Marie, Kgl. Prinzessin von Württemberg, vermählt mit Grafen A. von Neipperg, und feierlich eingeweiht am 27. Septemb. 1856, am Geburtstag ihres theuern Vaters, unseres allverehrten Königs Wilhelm I. von Württemberg.

So reich die Kirche in baulicher Hinsicht, so reich ist sie an

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 401. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0401.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)