Seite:OABrackenheim0403.jpg

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Maßwerken geziert, im gleichen Geschmack die steinerne mit edlem Stabwerk eingefaßte Kanzel mit ihrem schönen gothischen baldachinartigen Schalldeckel, dem leider die Spitze fehlt; dann steht zwischen dem dritten und vierten Pfeiler der Kirche ein spätgothischer Chorstuhl mit schwungvollen Flachornamenten und dem Neipperger Wappen. Der neue für die gräfl. Familie von der Prinzessin Marie von Württemberg gestiftete Stuhl ist ganz in denselben Formen gehalten.

Betrachten wir nun den Inhalt der einzelnen Kapellen, die sich an der Südwand des Schiffes hinziehen:

In der zweiten Kapelle: die großen, leider stark übertünchten steinernen Grabmäler des Ludwig von Neyperg, der Churfürstlichen Pfalz Marschalg, † 11. Febr. 1536, und der Katharina von Neipperg, geborene von Stockheim, † 9. April 1553. Beide mit den Standbildern der Gestorbenen. Ein zweites, auch im Renaissancestil gehalten: zwei Neipperger Ritter und ein Knabe knieen vor dem Gekreuzigten. Ferner an der Ostwand ein durchaus gemalter gothischer Flügelaltar, Tempera-Malereien (in auf Holz geleimter Leinwand) von großer Feinheit und Schönheit. Außen auf den Flügeln Pauli Bekehrung und Christus mit Maria Magdalena und auf diesem selben Bild Magdalenä Himmelfahrt. Innen auf den Flügeln heilige Anachoreten (Einsiedler), und auf dem Hauptbild in der Mitte sieht man das Martyrium der h. Barbara mit der Inschrift:

Spes premum (primum) solacium laboris,

ferner das Monogramm des Malers I. M. R. und 1510. Zu Seiten der leeren Predella je ein Engel mit Marterwerkzeugen. Merkwürdig reich und durchgeführt ist die Kostümirung, und ebenso überrascht die Darstellung der wild wachsenden Pflanzen des Vordergrundes, jener Gräschen, Erdbeeren, und verschiedener anderer Pflanzen, die mit außerordentlicher Liebe und mit feinem Verständniß gemalt sind.

Die dritte Kapelle besitzt die sehr übertünchten Grabmäler des Wilhelm von Neupperg, † 1520, und seiner Gemahlin, Anna Freiin zu Schwarczenburg, † 1533, und an der Ostwand ein Ölbild, das h. Abendmahl, aus später Renaissancezeit.

Die fünfte Kapelle enthält eine schöne leider bis zur Unleserlichkeit überweißte Grabplatte eines Neipperg, † 1555. Ferner sieht man rechts vom Triumphbogen an der Ostwand des Schiffes einen großen gothischen, in Holz geschnitzten Altar, farblos, nur Augen und Lippen der z. Th. trefflichen Gestalten sind bemalt. Auf den Flügeln Christoph, Sebastian, Katharina und Barbara, im Schrank unter prächtigem z. Th. zerstörtem Laubwerk der Sturz der Märtyrer, daneben Maria und Johannes, oben Christus am Kreuz und unten die knieende Magdalena, den Kreuzesstamm umfassend. Die Predella zeigt Anna und Maria mit dem Christkind und die knieende Stifterin; die Figur des Stifters fehlt.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0403.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)