Seite:OABrackenheim0407.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gelegen, ein Rechteck mit zierlichem Chörchen bildend und auch ganz in edlem antikem Geschmacke mit Pilastern etc. errichtet. Ihre Schauseite (gegen den Hof) zeigt eine sehr schöne antike Thüre, zwei Nischen für Bildsäulen und über dem flachen antiken Giebel steigt auf sechs Freisäulen ein luftiges steinernes Glockenthürmchen in höchst gefälliger Rundtempelform empor. Das Innere trägt, nach Entwürfen von Oberbaurath v. Leins, auf einem von korinthischen Pilastern unterstützten sehr reichen antiken Gebälke ein prachtvoll stuckirtes und kassettirtes Tonnengewölbe und hat in der Apsis einen sehr schönen hölzernen Altar im Renaissancestil, von Sickinger in München gefertigt, und geschmückt mit einem großen ergreifenden Ölbilde, Madonna mit der h. Rosa, gemalt von Professor Steinle in Frankfurt. Die treffliche Schreinerarbeit in und an der Kapelle ist von Schreinermeister Arnold in Stuttgart. Neben rechts (östlich) erhielt sich noch die frühere kreuzgewölbte Schloßkapelle, aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts stammend; sie wird außen von schlichten dorischen Pilastern gegliedert. Das Innere des Schlosses, in welchem man beim Hereintreten den Wahlspruch liest:

Gott halte Wacht
Hab auff Unnß Acht.
     E. F. v. N.

enthält viele glänzend ausgestattete Gemächer; nennen wir nur den reichhaltigen Bibliotheksaal mit schön gemalter Decke, das Wohnzimmer des Grafen mit auserlesenen Geweihen, darunter sehr seltenen, das Gewehrzimmer, das Archiv u. s. w. Auch die verschiedenen Treppenhäuser und Gänge sind mit Hirsch- und Reh-Geweihen aufs reichste geziert. Ferner bewahrt das Schloß ausgezeichnete neuere Gemälde von Tischbein, Angelika Kaufmann, dann schöne Ahnenbilder, eine hübsche Familientafel aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts, eine Zeichnung des Sakramenthauses von Beisbarth, und andere sehr sehenswerthe Kunstgegenstände. Endlich ist eine besondere Zierde der große üppig bepflanzte Wintergarten, der vom Schloß in den sog. Neubau (Westflügel) hinüberführt.

Von vielen Fenstern des Schlosses hat man eine freundliche Aussicht in den großen sorgfältig gepflegten Schloßgarten. Derselbe zieht sich an der ganzen Ostseite der Stadt, die hier von der mit Halbrondeln versehenen Stadtmauer eingefaßt ist, in Terrassen empor und breitet sich oben beim Schlosse auch noch gegen Norden aus. In den tieferen Theilen wird er von Treppen, Wasserbecken mit Springbrunnen, Treibhäusern (Ananas) und fremdartigen Gewächsen belebt. Der obere mehr ebene Theil ist mit herrlichen in allen Farben schillernden Blumenbeeten besetzt, oder zu einem schattigen Park angelegt mit verschlungenen Wegen, seltenen Straucharten und prächtigen Gruppen von Laub- und Nadelholzbäumen, um die sich

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0407.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)