Seite:OABrackenheim0429.jpg

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mit Thürmchen und Glocke auf dem First; ursprünglich das deutschmeistersche Amthaus, wurde es Anfangs dieses Jahrhunderts für seine gegenwärtigen Zwecke eingerichtet und enthält nun, außer den Gelassen für den Gemeinderath, zwei Lehrzimmer und die Wohnungen der an der Schule angestellten zwei Lehrer (ein Schulmeister und ein Lehrgehilfe). Ein öffentliches Backhaus und eine Kelter mit 5 Bäumen sind vorhanden. Vicinalstraßen nach Brackenheim, Frauenzimmern und Klein-Gartach sichern dem Ort seinen Verkehr mit der Umgegend. Gutes, theilweise gipsführendes Wasser liefern hinreichend 7 Pump- und 3 Schöpfbrunnen; die Markung selbst ist reich an Quellen, von denen sich 8 im Ort selbst befinden. Eine Mineralquelle, die Eisentheile führen soll, besteht am östlichen Ende des Dorfs; in der Nähe kommen die Benennungen „Badstube, Badgasse“ vor, auch bestand daselbst ein rund ausgemauerter, jetzt verschütteter Brunnen, was auf das hier gestandene Badhaus hindeutet. Im Ort ist eine Wette angelegt und außerhalb desselben bestand im sog. Seedamm ein 7 Morgen großer See, der schon 1619 trocken gelegt ward und jetzt als Wiesengrund (zum Schloßgut Stocksberg gehörig) benützt wird. Am Orte fließt der Wurmbach ganz nahe (südlich) vorüber.

Die Einwohner sind im allgemeinen fleißig, höflich und ähneln in Charakter und Mundart einigermaßen den Pfälzern. Spuren von Kretinismus zeigen sich auch hier wie in einigen Nachbarorten; zwei Personen zählen gegenwärtig über 80 Jahre. Die Vermögensumstände gehören zu den geringeren im Bezirk, indem der vermöglichste Bürger 31 Morgen, der Mittelmann 10–15 Morgen und die ärmere Klasse 1/2–3 Morgen Grundeigenthum besitzt, das überdieß zum großen Theil aus Weinbergen besteht, was in Fehljahren sehr nachtheilig auf die ökonomischen Verhältnisse einwirkt. Beinahe jeder Bürger besitzt auf angrenzenden Markungen Güterstücke. Etwa 25 Personen erhalten gegenwärtig Unterstützung von Seiten der Gemeinde. Die Erwerbsquellen der Einwohner bestehen, außer dem vorherrschenden Weinbau, in Feldbau, Viehzucht und Obstbau. Die Gewerbe beschränken sich auf die gewöhnlichen Handwerker, unter denen die Schuhmacher am zahlreichsten vertreten sind; drei Schildwirthschaften und ein Kramladen sind vorhanden.

Die mit Ausnahme der Heuchelberghochebene meist bergige, theilweise hügelige Markung ist klein und überdieß gehört ein namhafter Theil derselben zu dem Schloßgut Stocksberg. Der Boden ist mittelfruchtbar und besteht auf dem Heuchelberg aus den leichtsandigen, düngerbedürftigen, mit Lehm gemengten Zersetzungen des Keuperwerksteins (Schleisboden), an den Abhängen des Heuchelbergs aus den unteren, gipsführenden Keupermergeln, die sich für den Weinbau vortrefflich eignen, und an den hügeligen Ausläufern des Heuchelbergs aus den schweren, thonigen Zersetzungen des Keupermergels und aus

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 429. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0429.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)