Seite:OACrailsheim0036.jpg

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Altstadt, beherrscht von ihrem hohen Stadtthurm und ihrer schönen Johanniskirche, von gewerbefleißigen Vorstädten umgeben. Auf der Höhe des linken Jagstufers das Bahnhofgebäude mit seinen Anlagen, der Durchgang des Weltverkehrs, nach Norden sich anschließend die schöne hochgesprengte Eisenbahnbrücke, nach Süden und Westen die durch den Eisenbahnverkehr geschaffene Siedelung von Neumünster.

Nach einer kurzen Wendung beginnt nun die Jagst den Kampf mit dem Kalkgestein, Schritt für Schritt durch ein enges, tief gegrabenes Bett, durch schroffe, zerrissene Felswände, nur spärlich bewachsen, in stets und rasch auf einander folgenden Schlangenwindungen. Die Thalsohle gewährt nur stillverborgenen Mühlen, aber keiner Thalstraße, keinem Weiler oder Dorf Raum, und das Thal beherrschen alte Herrenburgen, wie Burleswagen mit dem an den Felsen hängenden Weiler Neidenfels, die abgegangene Burg Wollmershausen und das vom Thalrand etwas entfernter liegende Schloß Erkenbrechtshausen, bis dann an der Grenze das Thal sich weitet für die alte Herrenburg Lobenhausen auf ihrem kleinen Hügel und den gleichnamigen Weiler (OA. Gerabronn).

Steigen wir hinan am steilen Bernstein, wo der gefürchtete „Appele v. Galen“ seinen verzweifelten Felssprung gewagt (s. unter Sagen), und werfen einen Blick auf den nahen Reiherhorst, so gelangen wir bald zu dem hochgelegenen, stolz zum Thal herabschauenden, wohlhabenden Weiler Bölgenthal und den unweit davon gelegenen Resten der Klosterkirche Anhausen. Fremdartig und kühn steigt das schmale, aber gegen 70 Fuß hohe Mauerstück, an der Innenseite noch geschmückt mit schönen gothischen Grabmälern der Bebenburger, über der wohlbebauten flachen grünen Thalmulde auf; zu seinen Füßen Steinbrocken, dürres Gras und ein wilder verwetterter Rosenbusch. Hier mit einem Mal ein Überblick über das Muschelkalkland des Bezirks. Kaum ahnt man, daß es durch das Jagstthal jäh zertheilt ist. Noch einmal stellt der Keuper als Grenzsteine seiner Herrschaft zwei Hügel nördlich von Crailsheim auf, den Kreckelberg und Karlsberg (Galgenberg). Ganz stetig steigt die Hochebene an zu jener Hochfläche bei Blaufelden und Schrozberg, OA. Gerabronn. Rechts und links von der Jagst schöne Ackerfluren mit hochgewölbten Beeten und tiefen Furchen, spärlicher Wuchs von Obstbäumen und diese auf der sturmdurchbrausten Ebene häufig windschief, schmucke Kirchdörfer mit sauberen Kirchen, umgeben

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 036. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0036.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)