Seite:OACrailsheim0039.jpg

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müdem Gaul gezogen; voraus schreitet der Mann, hinter drein die Frau, zur „Bläue“ heraus lugen muntere Kindergesichter, mit hellen aufgeweckten Augen, wetterharte, weltgewandte, zungenfertige Gestalten. Wir sind im Reich des vielgetheilten spärlichen Grundbesitzes mit magerem Boden, des rührigen Hausirhandels, im Gebiet der durch die Geschichte und die Verfassung des alten heil. römischen Reichs deutscher Nation einst schwer mitgenommenen Ritterschaft. Ein Blick in die saubern Dörfer mit ihren kleinen freundlichen Häuslein und ihren Gärtchen oder gutgepflegten Blumenbrettern zerstreut manches Vorurtheil gegen eine Bevölkerung, die man überall nur als „Matzenbacher“ kennt.

Auf Waldpfaden ziehen wir nach Westen auf dem Kamm zwischen dem sogenannten Finkenthal[ER 1] (Reiglersbach) und dem Thal der Rechenberger Roth (Buchbach). Kleine Weiler, einsame Höfe, an jedem Bächlein oder See eine Sägmühle oder Mahlmühle, vereinzelt auch eine Hammerschmiede. Auf dem langgestreckten Höhenzug, der zum alten Virgundawald gehörte, herrscht feierliche Stille bis Rechenberg, dessen altes Schloß mit seinem hochgiebeligen Holzbau nebst der Kirche reizend über dem mit Seerosen bewachsenen Teiche und dem Thälchen liegt, schon hart an der Grenze des Oberamts Ellwangen. Schindeln, Rechen, Holzgefässe neben dem Bau der mageren Sandfelder nähren die Einwohner. Rechenberg ist die letzte der Gemeinden, welche die Thalleute mit besonderer Betonung neben Waldthann, Wildenstein, Lautenbach, Matzenbach, Deufstetten „die Wälder“ nennen.

Über jene altgermanische Befestigung „das alte Schloß“ steigen wir hinab nach Stimpfach zur Jagst, um auf der andern Seite das westliche Keuperland des Bezirks zu durchwandern. Der südliche und westliche Rand, ein waldiger Höherücken mit einzelnen Kuppen, ist die unmittelbare Fortsetzung der Ellwanger Berge, aber durch den Grunbach, Zobach und die Quellbäche der blinden Roth und des Nesselbachs von ihnen getrennt. Im westlichen Theil der Markung Ober-Speltach erscheint dieser Rücken am festesten gefügt, wendet sich nun aber nach Nordosten, um beim Burgberg zu schließen und in das Flachland sich zu senken. Wie eine Sichel umspannt die mäßig hohe Bergreihe die Dörfer Honhardt, Gründelhardt, Ober-Speltach. Auf der Höhe, wie jenseits der Jagst, kleine Weiler und Höfe, auch viele abgegangene – gewaltige, sorgsam geschonte Wälder, dazwischen idyllische Thäler, vor allem in der Quellgegend der blinden Roth mit ihrem wenig gekannten Thale am Fleckenbacher See. Ab

Errata

  1. S. 39 Z. 13 l. Finkenthal. Siehe Berichtigungen und Ergänzungen, Seite VI.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 039. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0039.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)