Seite:OACrailsheim0044.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so darf sie doch keineswegs arm und einförmig genannt werden. Sie ist die ausgesprochene Flora zweier verschiedener Gebirgsformationen, des Keupers und des Muschelkalkes und ihrer Glieder.

Von einer eigentlichen Gebirgs- und Felsenflora kann zwar hier nicht geredet werden, erhebt sich ja der höchste Punkt im Bezirk, die Ochsengreut bei Mariäkappel, nicht höher als 554 Meter, während der niedrigste Punkt, das Jagstthal bei Bölgenthal, 340 Meter über dem Meere liegt und folglich die mittlere Höhe des Bezirks ungefähr 450 Meter beträgt. Allein eine Flora eines Ober- und Unterlandes ist doch zu unterscheiden und mit diesem Unterschiede fällt auch die geognostische Verschiedenheit des Bezirks theilweise zusammen. Während der ganze südliche Theil, noch zu den Ellwanger Bergen gehörig, und der südöstliche Theil, die Crailsheimer Hardt, sowie der östliche, auf welchem sich eine Wasserscheide zwischen Rhein und Donau befindet, den ausgeprägten Stempel einer Keupergebirgslandschaft trägt und das Jagstthal bis gegen Crailsheim her ein Keuperthal ist, so ist der ganze nördliche und nordöstliche Theil, zum nördlichen Muschelkalkplateau gehörig, eine Kalklandschaft, in welcher sich die Jagst in vielen Windungen tief in den Muschelkalk eingräbt, dadurch ein tiefes und enges Thal erzeugend, welches an seinen steilen Felswänden und prächtigen Gehängen dem Botaniker reiche Ausbeute gewährt.

Fehlen uns auch die alpinen und subalpinen Formen und die den Weinbau begleitenden Gewächse, so werden wir dafür wieder reichlich entschädigt durch die dem Keuper eigenthümlichen Teiche, welche sich im südlichen und südöstlichen Theile unseres Bezirkes im Keuperletten in großer Anzahl befinden und uns eine hübsche Anzahl Wasser- und Sumpfgewächse liefern.

Auch die Trägheit der Jagst kommt uns zu gut, indem sich nicht nur häufig ihre Ufer, sondern hie und da auch, wie namentlich oberhalb der Brücke in Crailsheim, ihr ganzes Beet zu einem pflanzenreichen Sumpfe gestaltet. Der Igelkolben, die Seebinse, das Tausendblatt, das Laichkraut, das Froschkraut und die gelbe Nixenblume, hier häufig als Schleimfieberpflanzen bezeichnet, treten da in solcher Menge und Üppigkeit auf, daß sie jährlich einmal abgemäht und als Viehstreu verkauft werden.

Was den Einfluß der Temperatur- und Witterungsverhältnisse auf die Vegetation anbelangt, so mag hier nur erwähnt werden, daß unser Bezirk bei einer mittleren Jahrestemperatur

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 044. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0044.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)