Seite:OAEßlingen 096.png

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gangbar ist, soll König Rudolph erbaut haben. Die Vollendung der Umfangsmauern erfolgte aber erst 1525. Der gewaltige runde, jetzt dachlose Thurm an der südöstlichen Ecke, mit 16′ dicken Mauern, wurde 1527 erbaut. Ein aus der Burg ins Freie führender unterirdischer Gang ist jetzt wieder eröffnet. Auf einer Erhöhung, ehemals eine Redoute, befinden sich drei Lärmkanonen, und auf der südlichen, der Stadt zugekehrten Mauer die Hochwacht. Im innern Raum, der als Gras- und Baumgarten benutzt wird, ist seit neuerer Zeit eine Schießstätte eingerichtet.

Von großer Wichtigkeit, sowohl des öconomischen und gewerblichen Nutzens als auch der Salubrität und Annehmlichkeit wegen, sind die Kanäle, von welchen Eßlingen in der Mitte durchschnitten wird. Oberhalb der Stadt ist schon in sehr alter Zeit ein 1500′ langes Wehr nach dem Eisberg hinüber, dessen Fuß der Neckar bespült, dem Strom entgegen gedämmt worden, wodurch ein großer Theil seiner Wassermasse in einem künstlichen Bette der Stadt zugeführt wird. Am Anfang dieses Hauptkanals, der bis zu seiner Wiedereinmündung in den Neckar eine Länge von 8200′ hat, ist im J. 1824 ein Wasserhaus mit der nöthigen Vorrichtung, um den Kanal sperren zu können, erbaut worden. Bei der oberen Mühle ist ein Arm von ihm links abgeleitet, welcher von einem an seinem Anfang befindlichen Wehr der Wehrneckar heißt, und den Floßkanal bildet. Diese beiden Kanäle vereinigen sich wieder am Westende der Stadt, um in dem alten Flußbette des Beutenbachs unter dem Namen Roßneckar dem Hauptstrom wieder zuzufallen. Noch sind einige Nebenkanäle aus dem Hauptkanal abgeleitet, so der Metzgerbach, welcher die Bliensau quer durchströmt. Ein zweites großes Wehr von 1600′ Länge ist dem Neckar weiter unten vorgelegt, um einen Kanal für die Bliensau-Mühle zu gewinnen, der sich übrigens sogleich wieder mit dem Strom vereinigt. Die verschiedenen Werke, welche ihren Betrieb diesen Wasserkräften verdanken, s. hienach. Das Austreten des oberhalb der Stadt gespannten Flusses hat kostspielige Vorkehrungen und Wasserbauten nöthig gemacht. Der jüngsten Unternehmung dieser Art, eines von dem Bauverwalter Steudel geleiteten Uferbaus ist schon oben gedacht. Eine sehr alte Anlage ist die schon 1350 erwähnte Kiesmauer (Gieß-, Güßmauer?), ein gemauerter Damm mit vielen Pfeilern, von 6–8′ Höhe und gegen 2000′ Länge, zum Schutz der Oberthor-Vorstadt und der dortigen Güter errichtet. Im J. 1825 wurde eine Hauptreparatur damit vorgenommen.

Die Insel zwischen dem Hauptkanal und dem Wehrneckar ist sehr passend zu einer freundlichen, dem Publicum geöffneten Lustanlage mit Linden- und Kastanien-Alleen, Rasen und Blumenbeeten

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 096. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_096.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)