Seite:OAEßlingen 099.png

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Die Zahl der Gebäude beträgt 1889; darunter sind 29 Staatsgebäude. Während diese Häuserzahl den Raum der Vorstädte, selbst auch zum Theil der innern Stadt bei weitem nicht mehr ausfüllt, nennen alte Urkunden und zeigt selbst noch das oben angeführte Gemälde eine namhafte Anzahl jetzt verschwundener Gassen und Häuser, so daß schon aus diesem Umstand auf die größere Bedeutung Eßlingens in früheren Jahrhunderten geschlossen werden muß.

Billig beginnen wir die Aufzählung der merkwürdigsten öffentlichen Gebäude der Stadt mit den Kirchen, da sich Eßlingen vor allen Städten des jetzigen Württemberg durch seinen Reichthum an Gebäuden für gottesdienstliche Zwecke auszeichnete, und sich in einer aufgeklärten Zeit selbst den Vorwurf „eines religiösen Luxus" machen hörte (Hausleutner, Schwäb. Arch. I. S. 261). Gleichwohl ist dieser Reichthum in neuester Zeit theils durch Destruction, theils durch Verwendung kirchlicher Gebäude zu andern Zwecken so sehr herabgeschmolzen, daß das Bedürfniß einer weitern Kirche bei einer Gemeinde von 12.000 Seelen nicht wohl zu bestreiten ist.

Die Kirche zum h. Dionysius, oder, weil sie die einzige evang. Pfarrkirche ist, die Stadtkirche genannt, hat eine erhöhte und seit Räumung des Hospitalplatzes freie Lage. Der ansehnliche Bau stammt nach seiner Anlage aus dem 12. Jahrhundert, ist aber wohl nicht vor 1300 vollendet, und im Lauf der Zeit mehrmals vergrößert worden. Die letzte Erweiterung geschah 1437. Der Styl ist im Ganzen der des Übergangs in den germanischen. Die Länge des Gebäudes beträgt im Licht 236′, wovon auf den Chor 73′ kommen. Der schöne Chor hat ein Kreuzgewölbe, gemalte Fenster und eine Höhe von 79′. Besonders sehenswürdig ist in demselben ein steinernes Sacramenthäuschen von äußerst kunstreicher Arbeit, das in zierlichen Gliedern, Pyramiden, Säulchen etc. beinahe bis an das hohe Chorgewölbe hinaufsteigt, ein Werk Lorenz Lechlers aus Heidelberg 1486. Das Mittelschiff hat in einer Höhe von 68′ eine flache Bretterdecke. Die beiden Abseiten sind etwa halb so hoch. An den 12 achteckigen Pfeilern, auf welchen die Arkaden des Mittelschiffs ruhen, findet man die Blätter- und Groteskencapitäle kunstgeschichtlich interessant. Aus dem Schiff führen einige Stufen auf den mittleren Raum zwischen jenem und dem Chor, die sog. Tenne, in welcher sich eine auf vier freistehenden, durch ein zierliches Netzgewölbe verbundenen Säulen ruhende Emporkirche befindet. Aus der Tenne führen wieder einige Stufen auf den Chor. In diesem befindet sich noch ein gemalter Hochaltar; für den gewöhnlichen Gebrauch aber dient der untere Altar an den Stufen, welche auf die Tenne führen. Sonst bestanden in den Zeiten des katholischen Cultus noch 15 Altäre mit den dazu gehörigen Meßpfründen. Nebenkapellen sind das St.

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 099. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_099.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)