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Stadtgemeinde mit Einschluß des Stiftungsvermögens (s. unten), und ungeachtet ihres ausgedehnten Fabrik- und Gewerbebetriebes sprechen doch die Resultate nicht für eine fortschreitende Zunahme der Wohlhabenheit im Allgemeinen; vielmehr weist der steigende Aufwand für die Armenversorgung, wenn auch nicht gerade auf ein Sinken derselben überhaupt, wohl aber auf eine zunehmende Verarmung der untern Klassen der Bevölkerung hin. Denn obgleich seit 1834 kein Stadtschaden mehr umgelegt worden ist, keine Grundabgaben, außer den Zehenten, bestehen, für welche letzteren ein überaus mäßiges Surrogatgeld unter der gegen früher vergleichsweise sehr ermäßigten Staatssteuer umgelegt und eingezogen wird, und obgleich die Güter unausgesetzt im Preise steigen, allen Produkten der Landwirthschaft ein stetiger Absatz gesichert ist, alle Anstalten zur Volkserziehung durchaus gut sind, und ihre Benutzung auf alle Weise gefördert wird, endlich die Erwerbsverhältnisse günstig sind, so daß auch fremde Familien und Einzelne, welche sich des Erwerbs wegen hier niederließen, bei Fleiß und Sparsamkeit ihr gutes Auskommen finden, so nimmt doch der Armenaufwand mit jedem Jahre zu, wie dieß folgende Zahlen beweisen: Es betrug nämlich der Armenaufwand

von 1825/28 durchschnittlich jährlich 4612 fl. 42 kr.
von 1836/39 schon      " " 10.146 fl. 37 kr.

Der Etat aber von 1843/44 weist einen Bedarf nach von 11.600 fl. ungerechnet, was aus den ansehnlichen Privatstiftungen auf wohlthätige Zwecke verwendet wird. Mehrere Gewerbtreibende sind reich geworden, andere zu nahmhaftem Wohlstande gelangt, allein es ist nicht wahrzunehmen, daß in demselben Verhältnisse die Wohlhabenheit im Gewerbestande und namentlich im Mittelstande überhaupt fortschreite. Die Wirkungen der Schattenseite des Fabrikwesens lassen sich, wie überall in größeren Industrieorten, so auch hier nicht verkennen."

Das Areal der den Privaten zugehörigen Güterstücke ist verhältnißmäßig ziemlich beschränkt (5000 M.), und in sehr kleine Parzellen vertheilt, der Anbau aber in hohem Grade sorgfältig und fleißig, der Boden im Ganzen ergiebig. Größere geschlossene Güter sind die K. Hofdomäne Weil und das freiherrl. v. Palmsche Schloßgut Hohenkreuz, deren musterhafter Wirthschaftsbetrieb von wohlthätiger Einwirkung auf die Nachbarn ist. Öde Plätze, die nur irgend für die Kultur gewonnen werden könnten, finden sich nirgend mehr. Auch die Rüderner Haide, noch vor wenigen Jahrzehnten öde Hornviehwaide, dann eine Zeitlang als Schafwaide verpachtet, ist jetzt mit Ausnahme einiger sumpfigen Stellen bei der Catharinenlinde ganz angebaut und in Obstgärten verwandelt.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_107.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)