Seite:OAEßlingen 108.png

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Nur die oberste Höhe bei gedachter Linde ist bloßes Ackerland. Die Stadt hat diese Allmand in kleinen Parzellen an die Filialisten, zum Theil auch an Uhlbacher verpachtet. Flurzwang besteht auf Eßlinger Markung nicht. Der Pflug geht nur auf den Thalgütern; an den Bergabhängen wird auch das Getreideland von Menschenhänden gartenmäßig gebaut. Übrigens ist der Getreidebau sehr beschränkt und für das lokale Bedürfniß bei weitem unzureichend. Der Morgen Acker kostet 600–1000 fl. Kürzlich sind Äcker der Stiftungspflege sogar für jährlich 60 fl. per Morgen verpachtet worden. Die Wiesen sind sehr gut und gesucht; ihr Preis ist 600 bis 800 fl. per Morgen. Die meiste Thätigkeit und Sorgfalt aber wird auf den Weinbau verwendet, dessen Betrieb den Verwerthungs-Verhältnissen ziemlich angemessen ist. Die 1055 Morgen Weinberge hiesiger Markung sind sämmtlich freies Eigenthum der Privaten. Die geschätztesten Lagen sind die Ebershalde, die Neckarhalde zwischen Eßlingen und Mettingen und der südliche Abhang des Ölbergs gegen Untertürkheim. Man rechnet auf den Morgen ungefähr 4000 Stöcke; die häufigsten Sorten sind Silvaner und Drollinger. Mehrere Besitzer sind sehr auf Veredlung und Gleichartigkeit in der Bestockung bedacht. Als höchsten Ertrag nimmt man 5–6 Eimer per Morgen an. Der hiesige Wein gilt für den besten im Oberamts-Bezirk, und findet seinen Absatz meistens in die obern Gegenden des Landes. Man bezahlt den Morgen Weinberg mit 600–1600 fl. – Ein nicht minder wichtiger Erwerbszweig ist für Eßlingen, die Stadt sowohl als die Filialien, die Obstkultur, welche hier in einer Ausdehnung und mit einer Ergiebigkeit betrieben wird, die weit und breit ihres Gleichen sucht. Der Verkauf des grünen (weniger Dörr-) Obstes (1840 nur an Kirschen für 20.000 fl., 1844 für 13.000 fl. hauptsächlich nach Oberschwaben und Bayern) noch mehr des Obstmostes,[1] den man hier vortrefflich zu bereiten versteht (1840 für 43.000 fl.) und ganz besonders der ausgedehnte Handel mit Obstbaumstämmchen sind wesentliche Hebel für das Emporkommen der unermüdet fleißigen und sorgfältigen Einwohner. Die klimatischen und Bodenverhältnisse scheinen aber auch


  1. Eßlingen ist ein Hauptmarkt für den Obstwein, der wegen seiner Güte besonders hier gesucht wird. Es gibt Leute, welche 50–60 Eimer Obstmost machen, welcher aller in den Keller gelegt, und von da aus verkauft wird. Bronner der Weinb. in Württ. I. S. 193. – Das Obstmosten kam während des 30jährigen Krieges auf, wurde aber anfänglich vom Rathe verboten und mit einer Strafe von 10 fl. belegt als „ein Mißbrauch, den man mit dem von dem lieben Gott zu gedeihlicher Speise, nicht aber zu muthwilligem Vertrinken geordneten Obst triebe“ Pfaff Gesch. S. 660.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_108.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)