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entbehrte Eßlingen lange Zeit einer Buchdruckerei und nie war mehr als eine in der Stadt; im 18. Jahrhundert bestand eine Zeit lang auch eine Buchhandlung; eine „Reichsstadt Eßlingische Zeitung“ ging schon nach einem halben Jahre wieder ein (1796). Eine Meistersängerschule kommt noch 1594 in Eßlingen vor,[1] sie ging wahrscheinlich während des 30jährigen Kriegs unter. Eine lateinische Schule finden wir schon 1278, nach der Reformation wurde sie verbessert und erhielt eine eigene Ordnung (1548), die 1599 erneut wurde. Jetzt bekam die Anstalt auch drei Klassen und der oberste Lehrer den Rektorstitel, 1656 wurde eine vierte Klasse errichtet, 1664 der Konrektorstitel für den zweiten Lehrer und um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Benennung Pädagogium für die Anstalt eingeführt; neue Schulordnungen erschienen 1670, 1679, 1721. Arme Schüler, fremde sowohl als einheimische, gab es auch zu Eßlingen, sie wurden vom Spital gespeist und hießen von den hölzernen Gefäßen, in denen sie ihr Essen hier holten, Häfelensbuben. 1598 stiftete der Rath auf Lukas Osianders Antrag das sogenannte Alumneum oder Collegium Alumnorum zur Bildung von Schullehrern und „zur Aufrichtung und Erhaltung der Kirchenmusik.“[2] In ihm wurden 8 bis 16 junge Leute auf öffentliche Kosten unterhalten und gebildet, sie mußten sich bei der Kirchenmusik, zur Aushülfe beim Pädagogium und auch zu Privatlektionen brauchen lassen. Da während des 30jährigen Krieges diese Anstalt zerfiel, stellte sie der Bürgermeister Wagner 1658 wieder her, 1810 wurde sie aufgehoben und ihr Fond dem neuerrichteten Schullehrerseminar zugetheilt (S. Keller, das Jubiläum der 300jährigen Stiftung des Collegii Alumnorum 1798, Schwäbische Chronik 1788 S. 256 ff.).


  1. Der oben erwähnte, unter dem Namen „der Schulmeister von Eßlingen“ bekannte Minnesänger war vielleicht der Vorsteher einer Schule des Meistergesanges. Er sang in der Zeit des Königs Rudolf, als dessen heftiger Gegner er in den von ihm noch übrigen Liedern auftritt. Seine Poesie ist nicht ohne Geist und Kraft, doch mitunter auch nicht frei von grobsinnlicher Rohheit. Von der Hagen hält ihn für den von Crusius Annal. Suev. III, 150 erwähnten Magister Heinricus, rector scholarum seu doctor puerorum in Ezzelingen der 1280 Schiedsrichter in einem Rechtsstreit war. S. v. d. Hagen Minnesänger IV. S. 448 ff. – Ein bisher unbekannter Dichter ist Dietbrecht, Bürger zu Eßlingen, welcher „manche gute Mähre“ niederschrieb. Er gab auch dem Johannes von Würzburg in lateinischer Sprache den eigenhändig aufgezeichneten Stoff zu dessen Gedicht Wilhelm von Österreich, geschrieben im Jahr 1314 (Haupt, Zeitschrift I. 222).
  2. Der durch seine großen Verdienste um die Kirchenmusik, namentlich Württembergs, ausgezeichnete Justin Heinrich Knecht aus Biberach, († 1816) wurde hier gebildet.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_150.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)