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und Kontributionen erschöpften die Stadt, welche 1635 den Prager Frieden ebenfalls annahm, aufs Äußerste, und erst der westphälische Frieden machte ihren Drangsalen ein Ende; der Schaden aber belief sich auf mehrere Millionen Gulden. In den Jahren 1662 bis 1665 wurden in Eßlingen merkwürdige Hexenprocesse geführt, gegen 200 Personen verhaftet und 31 hingerichtet. Neue Beschwerden brachten die französischen Kriege, 1688 kostete der Einfall Melacs [1] die Stadt ihr Zeughaus und im Ganzen 253.076 fl., der zweite Einfall der Franzosen 1693 aber 189.552 fl. und der dritte 1707 50.000 fl. Seitdem blieb die Stadt von Kriegsbeschwerden und feindlichen Einfällen verschont, bis der französische Revolutionskrieg ausbrach. Schon 1790 begannen die Truppendurchmärsche und Quartiere, 1794 kam eine kaiserliche Gewehrfabrik, 1795 ein Artillerie-Park in die Stadt; am 21. Junius 1796 aber, während der Schlacht bei Canstatt, wurde auch um Eßlingen heftig gekämpft und am nächsten Morgen zogen die Franzosen in die Stadt ein, jetzt gabs neben den Durchmärschen und Quartieren auch Requisitionen von mancherlei Art, und Eßlingen mußte den Frieden mit Frankreich mit 120.000 fl. erkaufen. Als aber die Franzosen nach kurzer Zeit wiederkehrten, wollten sie den Frieden nicht mehr anerkennen, und nur mit Mühe vermochte es die Stadt endlich dahin zu bringen, daß sie keine neue Kontribution zahlen durfte, mit Naturallieferungen aber wurde sie nicht verschont, und so dauerten die Kriegsbeschwerden bis 1801 fort. 1

Die letzten Zeiten der Unabhängigkeit Eßlingens trübten auch noch innere Zwistigkeiten. Seit längerer Zeit nämlich herrschte Unzufriedenheit über den Rath und seine Verwaltung der Stadt, welche sich in Schmähreden nicht nur, sondern auch in Schmähschriften stark äußerte. Endlich übergaben den 10. September 1789 etliche Bürger beim Reichshofrath eine Klagschrift gegen den Rath und wußten ihre Sache so geschickt zu betreiben, daß sie gegründete Aussicht hatten, ihren Proceß zu gewinnen, und der Rath selbst, der Anfangs mit großer Strenge wider die Urheber jener Klagschrift zu verfahren entschlossen war, nachgab und sogar die Einrichtung eines „bürgerlichen Syndikats“ gestattete (April 1793). Da jedoch die Syndikatsdeputirten einige unvorsichtige Schritte thaten, so


  1. Die bekannte, durch ein Gemälde im ehemaligen Rathhaussaal überlieferte und von Dichtern (Hübner und Tromlitz) verschönerte Sage von dem „Mädchen von Eßlingen“ welches durch seine Hingebung an Melac das Geschick der Einäscherung von seiner Vaterstadt abgewendet haben soll, läuft nach den Rathhaus-Protokollen vom Jahr 1689 auf eine sehr prosaische Geschichte hinaus, wie bei Pfaff S. 860 Anm. des Näheren zu ersehen.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_158.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)