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vor, indem er die Priorin Kürn aus Eßlingen absetzte und Nonnen aus einem Straßburger Kloster berief. Ein Vergleich mit Eßlingen vom 6. Mai 1507 beseitigte gewisse Markungsirrungen und befreite das im Stadtgebiet gelegene Klostereigenthum von allen Steuern und Schatzungen. Dieses gute Vernehmen dauerte aber nicht lange. Den 4. April 1519 drangen die Eßlinger als Executoren gegen Herzog Ulrich in das Kloster ein, dessen Bewohnerinnen sich nach Stuttgart geflüchtet hatten, verbrannten die Gebäude, führten über 100 beladene Wagen fort, legten später auch die Mühle des Klosters und dessen Höfe in Scharnhausen, Horw (bei Ruith) und Obereßlingen in Asche, zerstörten den Wehrbau am Neckar, verwüsteten die Waldungen, und entzogen dem Kloster seine Gefälle. [1] Nur mit Hülfe der württembergischen Landschaft vermochte der nun gänzlich verarmte Convent sein Gotteshaus nothdürftig wieder aufzubauen, führte aber beim schwäbischen Bund und bei König Ferdinand vergebliche Entschädigungsklagen gegen Eßlingen. 1

In den Kämpfen der Reformation haben diese Frauen von ihrem Standpunkt betrachtet, eine würdige und standhafte Haltung behauptet. Den 24. Juli 1556 wurde ihnen, wie den übrigen unter württembergischem Schirm stehenden Frauenklöstern, der gemessene Befehl ertheilt, ihren Kultus abzuschaffen und die württembergische Reformation und Klosterordnung anzunehmen. Da sie dessen sich weigerten, auch den lutherischen Pfarrer von Heumaden von ihrer Kirchthüre abwiesen, erschien den 19. Nov. 1558 eine fürstliche Commission, welche vorerst mit gütlichem Zuspruch, dann mit Drohungen sie zu bereden suchte, daß sie, wie sich Besold p. 159 ausdrückt, den Apfel anbißen. „Aber sie haben in diesem Gottshaus keine einzige Evam angetroffen.“ Sämmtliche Schwestern, die Priorin Ursula Ehinger aus Ulm an der Spitze, gaben ihre Erklärung dahin ab, daß sie, was die weltliche Verwaltung betreffe, sich gefallen lassen müßten, wie über sie verfügt werde; aber was sie gelobt und gelernt haben, das wollten sie halten und bis in den Tod nicht verlassen. Diese Erklärung wiederholten sie, als den 28. Nov. 1559 eine neue Commission noch ernstlicher als die erste, ihnen zugesetzt hatte. Endlich wurden nach langen Bedrängnissen 1571 den Klosterfrauen, deren noch vier am Leben waren, die Verwaltung des Klostervermögens mit Gewalt abgenommen und einem


  1. In diesem Jahr, nicht 1449, war es, daß die Eßlinger sich auch an geheiligten Gegenständen vergriffen. Unter andern geplünderten oder verderbten Geräthen zählen die Nonnen in ihrer Entschädigungsforderung (A. U.) auch auf: „3 U. L. Frauenbild ist das 1 Vesperbild unser Patronin gewesen. Item 1 Balmessel mit 1 Herrgott.“
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_171.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)