Seite:OAGöppingen 113.png

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bestimmt, daß die Kirche, als Schloßkirche, dem Herzog allein zugehören, und die Stadt solche, als Pfarrkirche, zu gebrauchen befugt seyn solle.

b) Die Stiftskirche Oberhofen, eine kleine 1/4 Stunde von der Stadt, außerhalb der ehemaligen Ringmauern, etwas höher als die Stadt, auf dem allgemeinen Gottesacker gelegen. Sie ist massiv, im gothischen Style schön ausgeführt und noch gut beschaffen, war, wie so eben bemerkt, bis 1620 Stadtpfarrkirche, und wurde von da an lange Zeit nur zu Leichenpredigten benützt; seit 1839 aber werden alle Festtage und seit 1841 auch Sommers alle 14 Tage Frühpredigten hier gehalten. Das Gebäude ist mit schönen Bildhauerarbeiten zum Theil noch geziert, wozu namentlich das Bild des 1506 gestorbenen Ritters Georg von Zillenhardt zu zählen ist. Auch Andere aus diesem Geschlecht ruhen hier; ebenso einige Degenfeld, Schilling, Liebenstein, Kaltenthal etc. Die Umschriften der Grabsteine sind aber meist nicht mehr lesbar. [1] Ein leider schlecht übermaltes Wandgemälde in der Nähe des Altars stellt mehrere Ritter und Knappen dar, welche hienach am Montag vor Martini 1448 in einer Schlacht gegen die Städter auf den Fildern ihr Leben verloren haben. Die Chorstühle sind von schöner Schnitzarbeit. Die beiden Thürme tragen noch deutliche Spuren früheren Mißgeschicks. Der Bau oder die Herstellung der Kirche in ihrer jetzigen Gestalt fällt in das Jahr 1436. Ein Bericht der Stiftungsverwaltung von 1679 sagt, sie sey „von 3 hochadeligen Standespersonen vnd Jungfrawen, deren Grabstein oben in dieser Kirche noch zugegen, von denen Kapitalmitteln, so diese Stiftsverwaltung geniest, vnd die Gefäll dieser Kirch noch Oberhofisches Gut genannt werden, auferbaut worden.“ Wahrscheinlich ist aber hiemit nicht der Bau von 1436, sondern die zuvor schon hier gestandene Kirche gemeint. Näheres ließ sich nicht ermitteln; auch sind jene Grabsteine nicht mehr aufzufinden; die Sage aber fügt bei, daß diese 3 Jungfrauen in dem nahen Walde Hohenfürst ein Schloß bewohnt und da, wo die Kirche steht, zwei Höfe besessen haben. So lange die Kirche in den Händen der Jesuiten (s. unten) war, wurde sie arg beschädigt; denn diese brachen nicht nur die Emporkirchen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_113.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Nach einer Wandschrift liegt hier auch: „Johannes Dietericus Widerhold, praefectus arcis Hohentwilae, † MDCCXV. XXX. Sept.« Dieser ist also nicht, wie häufig geschah, mit dem berühmten Helden Conrad Widerhold (OA. Beschr. von Kirchheim, S. 117.) zu verwechseln. Über obiges Gemälde s. v. Grüneisen, Kunstblatt zum Morgenblatt, 1. Dec. 1840.