Seite:OAGöppingen 165.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schäfer beträgt 65; doch sind es meist kleine Eigenthümer, die als Knechte andern Schäfern dienen und zugleich einige eigene Stücke mitlaufen lassen. Außer diesen ist die Zahl der Gewerbe über 200. Wir bemerken darunter namentlich 2 Tuchmacher; 34 Strumpfweder, wovon aber nur 3 auf eigene Rechnung, die übrigen für Göppinger Meister um Lohn arbeiten; 24 Leineweber und 1 Bildweber, die auf Bestellung arbeiten; 12 Zeugmacher, meist für die Fabriken in Jebenhausen beschäftigt; 23 Bäcker; 19 Schuster, meist Märkte besuchend; 1 Kaminfeger; 1 Ziegler; 1 Seifensieder; 2 Glaser; 3 Chirurgen; 1 Kaufmann und 4 Krämer; 1 Drechsler. An Wasserwerken ist eine Mahlmühle vorhanden, und unter den 18 Wirthschaftsgewerben sind 4 Gastgeber. Mit Heu und Haber wird ein starker Handel getrieben, auf der Alp aufgekauft und meist an die Garnison Ludwigsburg verwerthet. Ein ähnlicher Handel mit Holz ist weniger vortheilhaft. Auch nähren sich viele ältere Frauen mit Wollspinnen für die Tuchmacher in Göppingen.

Die Gemeinde besitzt 6771/2 M. Waldungen. Das Patronat steht der Krone zu. Außer Sehningen und dem Bade hat die Pfarrei keine Filiale. An der Schule sind ein Schulmeister, ein Unterlehrer und ein Schulgehülfe angestellt. Der Schulfonds war 1842 700 fl. Winters besteht eine Industrie-Schule. Auch ist eine Kleinkinder-Schule vorhanden. Der seit 1832 bestehende Pferde- und Rindvieh-Markt ist nicht unbedeutend. Der Begräbnißplatz liegt um die Kirche her; auf demselben ruht der Restaurator des Boller Bades: Finanzminister von Weckherlin.

Boll ist ein sehr alter Ort. Der S. 155 erwähnte Bericht von 1535 gibt über die Geschichte desselben Folgendes als Sage. [1] Oberhald „Boll vnter der Eck“ liegen auf dem Berge, die Burghalde genannt, die Ruinen des Schlosses „Landseer.“ Dasselbe habe einst die heilige Berta oder Berchta besessen, abgebrochen und davon schon vor 800 Jahren, also ums J. 735, die Ortskirche bauen lassen. Berta habe drei Männer gehabt: den Grafen Hans von Ravenstein, den Grafen Albrecht von Klingenstein und den Grafen Heinrich von Irrenberg. Sie sey auch Herrin über das Dorf gewesen, und nachdem sie ein Stift hier errichtet, habe sie diesem alle ihre Rechte an dem Dorf und alle zugehörigen Güter geschenkt. Das Stift aber habe nachmals die Grafen von Württemberg zu Schirmherren angenommen, diesen einen Amtmann hier zu ernennen bewilligt und die Hälfte des Gerichtes abgetreten; daher denn auch Frevel und

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_165.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Diese und andere Sagen von Orten unseres Bezirkes kennt schon Crusius, dem die Einsicht des Berichtes zu Gebot gestanden haben mag. Aus ihm gingen sie auf andere Chroniken und Geschichtsbücher über.